Pogrom-Gedenken in Wolbeck stark besucht

Pogrom-Gedenken in Wolbeck stark besucht
Zahlenstark wie nie war 2023 die Beteiligung am Gedenken in Wolbeck, hier in der Christus-Kirche. Foto: A. Hasenkamp.

Lange Schlange vor dem Kerzen-Gang durch Wolbeck

English version – as there are interested relatives of jewish citizens in Wolbeck in the USA and in England

Münster-Wolbeck (agh). Voll war die Christuskirche, lang die Schlange beim Kerzengang durch Wolbeck zum Gedenken an die jüdischen Mitbürger Wolbecks und ihre Schicksale bei und vor und nach den Novemberpogromen des Jahres 1938. Die Beteiligung am Gedenken war am Donnerstag so hoch wie wohl noch nie zuvor. 

Peter Schilling begrüßte für den Verein „Spuren finden“ und die Wolbecker Initiative 9. November in der Kirche. Er freute sich über die erneute Beteiligung von Wolbecker Schülern. „Wie immun sind wir geworden gegen Antisemitismus, von rechts wie von links? Gegen überlieferte judenfeindliche Klischees – im Netz, auf der Straße und im persönlichen Gespräch – gehen wir darauf ein?“

Zwei Klassen der Jahrgangsstufe 10 des Gymnasiums bearbeiteten das Thema der Pogrome im Geschichts-Unterricht, so der Lehrer Dominik Meinking. Das hätten sie „sehr eigenständig“ getan. Beteiligt war auch die Lehrerin Iris Schmakat-Bean. Vier Mädchen aus einer Klasse meldeten sich, um am Donnerstag vorzutragen und gingen den Kerzengang mit, Anabel Born, Frida Vierschilling, Sofia Zimmermann und Jule Wegener.

„Als hätte einem jemand das Zuhause genommen“, so zitiert eine der Schülerinnen. Das Zitat ist von 2023, hätte von 1938 sein können. Die vier eröffneten ihren Text mit den aktuellen Angriffen und Anschlägen. Die gut erforschten Novemberpogrome seien ein Fixpunkt im Kanon der Gedenkrituale in Deutschland. Mit „großer Berechtigung“ sei das so, das müsse man „besonders in den letzten Wochen feststellen“.  1938 hatten in Wolbeck Nationalsozialisten auch aus Wolbeck schon im Frühjahr Salomon Hoffmann zusammengeschlagen, den Vorsteher der jüdischen Gemeinde, in seinem Haus gewütet, die 1824 erbaute Synagoge geschändet. Nach dem Krieg wurde das Erinnern von vielen behindert und vermieden, musste Peter Schilling feststellen. Wenige Wolbecker Juden kehrten zurück, keiner blieb lange. Die Schüler endeten: „Wir tragen die Verantwortung, dass wir sofort laut werden bei Ausgrenzungen, Diskriminierungen und Antisemitismus. Der Stachel des Erinnerns ermahnt uns: niemals wieder!“

Der Kerzengang führte zunächst zum ehemaligen jüdischen Friedhof, auf dem kein einziger Grabstein erhalten blieb. Man könne sie wohl als Elemente in Garagen oder der Böschung der Angel finden, war Schilling gesagt worden. Menschen stellten Kerzen vor der Stele mit den Namen der Deportierten und Ermordeten auf. Der Gang endete in der Wallstraße am Standort der 1938 zerstörten Synagoge, von der nichts blieb. Spät wich der Zigaretten-Automat an der Mauer einer Gedenk-Tafel.

The Christuskirche was full and there was a long queue for the candlelight walk through Wolbeck to commemorate the Jewish citizens of Wolbeck and their fates during and before and after the November pogroms of 1938. The turnout for the commemoration on Thursday was probably higher than ever before.
Peter Schilling welcomed everyone to the church on behalf of the „Spuren finden“ association and the Wolbeck 9 November Initiative. He was delighted about the renewed participation of Wolbeck schoolchildren. „How immune have we become to anti-Semitism, from the right and the left? Against traditional anti-Semitic clichés – on the internet, on the street and in personal conversations – do we respond to them?“
According to teacher Dominik Meinking, two Year 10 classes at the grammar school worked on the topic of the pogroms in history lessons. They did this „very independently“. Teacher Iris Schmakat-Bean was also involved. Four girls from one class volunteered to recite on Thursday and walked the candle walk with her: Anabel Born, Frida Vierschilling, Sofia Zimmermann and Jule Wegener.

„As if someone had taken your home,“ quotes one of the students. The quote is from 2023, could have been from 1938. The four opened their text with the current attacks and assaults. The well-researched November pogroms are a fixed point in the canon of commemorative rituals in Germany. They said this is „very justifiable“, „especially in recent weeks“. In 1938, National Socialists from Wolbeck had already beaten up Salomon Hoffmann, the head of the Jewish community, ravaged his house and desecrated the synagogue built in 1824. After the war, remembrance was obstructed and avoided by many, Peter Schilling discovered. Few Wolbeck Jews returned, and none stayed for long. The pupils concluded: „We have a responsibility to speak out immediately in the event of exclusion, discrimination and anti-Semitism. The sting of remembrance admonishes us: Never again!“
The candlelight walk first led to the former Jewish cemetery, where not a single gravestone has been preserved. Schilling was told that they could probably be found as elements in garages or the embankment of the Angel. People placed candles in front of the stele with the names of the deported and murdered. The walk ended in Wallstraße at the site of the synagogue, which was destroyed in 1938 and of which nothing remains. Tardily, the cigarette machine on the wall gave way to a memorial plaque.