Von Kurdistan nach Westfalen – Schabnam Hayu berichtet vom Leben der Kurden

Münster-Wolbeck.  Im Iran ging sie zur Schule, überlebte einen Giftgas-Angriff Saddams, floh siebzehnjährig mit der Familie für einige Monate in den Irak um dann mithilfe des schon vorher nach Deutschland gegangenen Vaters nach Deutschland zu flüchten. Am Donnerstagnachmittag beeindruckte die heute in Münster lebende Schabnam Hayu die zwei Dutzend Gäste des offenen Donnerstags-Themenkreises der AWO mit Erlebnissen und Hintergründen.

Mit glänzenden Ergebnissen absolvierte sie wie auch ihr Bruder den Deutschkurs und machte den Realschulabschluss nach. Heute arbeitet sie im Einzelhandel. Ende des Jahres ist die ganze Familie, Eltern und vier Geschwister, seit neun Jahren in Deutschland vereint.

Kultur verbotenes Politikum

Die zur Einstimmung abgespielte Musik stammt von der Band der Cousins von Schabnam Hayu, die auch in Zürich, Paris und Münster auftreten. Von Heimat ist da die Rede – in der Türkei dürfte diese Musik nicht gespielt werden. Auch das kurdische Festkleid, das sie den Temperaturen trotzend trägt, wäre den Türken ein Dorn im Auge. Ebenso das Frühlingsfest Nevros, das Hayu als symbolischen Widerstand gegen Unterdrückung sieht.

Religiöse Vielfalt der Kurden

Berichtete aus Kurdistan: Schabnam HayuHayu ist Muslimin, doch auf den Tschador angesprochen sagt sie nur: „Erinnern Sie mich bitte nicht an diese Zeit“. Im Übrigen seien viele Kurden Christen, auch jüdische Kurden gebe es.
Die PKK werde von den meisten Kurden gehasst, sagt Hayu, sie habe mit ihrer Gewalt die guten Beziehungen der Deutschen zu den Kurden stark geschädigt. Die Kurden wollten Frieden und Freiheit; an ihnen lägen die Probleme in der Türkei nicht, sie seien zum Dialog bereit. Ein eigenes Land wollten sie nicht. Das Stichwort Föderalismus fällt.

Erst Menschenrechte, dann Beitritt: Kurden und der Türkei-Beitritt zur EU

Der eventuelle Beitritt der Türkei beschäftigt auch die Kurden. Ein Kurde, so Hayu, würde immer sagen: Die Türkei muss die Bedingungen, etwa bei den Men-schenrechten, voll erfüllen, bevor sie der EU beitreten kann.
Der Hitze zum Trotz löste Hayus Bericht in der Hofstraße viele Fragen und eine rege Diskussion aus; meist zu Kultur und Religion der einst das Feuer anbetenden Kurden, aber auch zu ihrem Kleid. Gern würde sie wieder einmal in den Iran reisen, sagt Hayu. In Münster fühle sie sich wohl.

Programm-Ausblick September

Die AWO setzt ihr Programm am 1. September fort, dann wird eine gemeinsam mit dem Bürgerforum geplante Fahrt zur Wewelsburg vorbereitet, einst Kult- und Terrorstätte der SS. Es werden noch Fahrer gesucht.