Arztbesuch auch ohne Krankenversicherung in Münster

Notfallfonds ermöglicht medizinische Hilfe für Menschen ohne Zugang zum Gesundheitssystem / Mehr Anträge als in den Vorjahren

Münster (SMS) Dringend ärztliche Hilfe zu benötigen, aber keinen geregelten Zugang zum Gesundheitssystem zu haben – das betrifft auch in Deutschland Tausende von Menschen. Wer in Münster dieses Problem hat, kann auf den Notfallfonds der Stadt setzen: Jährlich stehen 30 000 Euro zur Verfügung, um Arztbesuche oder Krankenhausaufenthalte für diejenigen zu finanzieren, die von keiner Gesundheitsversorgung aufgefangen werden. „Unser Ziel aber geht darüber hinaus: Wir wollen möglichst alle, die die Nothilfe beansprucht haben, in eine geregelte Krankenversicherung vermitteln. Niemand darf ohne Zugang zum Gesundheitssystem allein gelassen werden“, betont Sozialdezernentin Cornelia Wilkens.

36 Ratsuchende nahmen das Angebot des Notfallfonds zwischen Mitte April 2021 und Mitte April 2022 wahr, stellten insgesamt 66 Anträge auf finanzielle Hilfe und benötigten knapp 21 000 Euro aus dem Fonds. Alle aktuellen Zahlen und Vergleiche zu den Vorjahren liefert ein Bericht, der bis Ende August dem Ausschuss für Soziales und Gesundheit, dem Ausschuss für Gleichstellung sowie dem Integrationsrat vorgelegt wird.

„Der Notfallfonds sorgt seit 2017 dafür, dass auch ohne Krankenversicherung der Gang zum Arzt möglich ist. Niemand muss befürchten, in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten oder wegen fehlender Papiere abgewiesen zu werden. Kriterium ist, dass man seit mindestens drei Monaten in Münster lebt – aber es können Ausnahmen gemacht werden, wenn eine Perspektive zum Bleiben besteht“, erklärt Sozialdezernentin Cornelia Wilkens.

Der Notfallfonds wurde 2021/22 stärker nachgefragt als ein Jahr zuvor, als 31 Ratsuchende knapp 10 000 Euro benötigten. 2019/20 – im ersten Jahr der Pandemie – waren es nur 17 Hilfesuchende, 22 500 Euro kosteten ihre medizinischen Behandlungen. Vor allem Schwangere nutzten den Notfallfonds im aktuellen Berichtszeitraum – knapp die Hälfte der Ratsuchenden erwartete ein Kind. Aber auch Diabetes, Bluthochdruck, psychische Beschwerden und Suchterkrankungen sowie Zahnschmerzen waren mehrfach Anlässe, die Nothilfe zu nutzen.

24 Frauen und zwölf Männer nahmen den Fonds in Anspruch, die meisten waren zwischen 25 und 39 Jahre alt. EU-Bürger sowie papierlose Personen machten den Großteil der Patientinnen und Patienten aus.

Zwar haben Menschen, die den Notfallfonds brauchen, zu dieser Zeit keinen geregelten Zugang zum Gesundheitssystem: „Aber uns ist sehr daran gelegen, dass die Hilfesuchenden künftig krankenversichert sind und sich problemlos medizinisch versorgen lassen können.“, so Cornelia Wilkens. Die Clearingstelle „Klar für Gesundheit“ prüft daher Möglichkeiten, wie Personen, die den Notfallfonds brauchen, nach oder sogar noch während der Versorgung Krankenversicherungsschutz erreichen. Mit Erfolg: Im aktuellen Berichtszeitraum konnte sie immerhin schon die Hälfte der Ratsuchenden in das Regelversorgungssystem vermitteln. Die Bilanz der ersten fünf Projektjahre fällt noch deutlicher aus. Mehr als 70 Prozent derer, die zunächst den Fonds beanspruchen mussten, haben mittlerweile Versicherungsschutz.  

Die steigende Zahl der Anträge an den Fonds zeige, dass sich diese Nothilfe mittlerweile etabliert habe, heißt es im aktuellen Bericht. Es sei derzeit davon auszugehen, dass der jährliche Betrag von 30 000 Euro auch in Zukunft ausreichend sein werde. „Wir möchten, dass Münster als solidarische sowie soziale Stadt so vielen Menschen wie möglich hilft“, sagt Cornelia Wilkens.

Jährlich treffen sich alle am Notfallfonds beteiligten Stellen und beraten gemeinsam, ob das Konzept Anpassungen benötigt. Das nächste Gespräch findet im Herbst statt, mit dabei sind der Caritasverband, das städtische Gesundheitsamt, die Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender, das Haus der Wohnungslosenhilfe sowie die Malteser-Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung.