Designabsolventin der FH Münster erstellt Begleitheft für Suizid-Hinterbliebene

„überweiterleben“ hilft Betroffenen bei der Auseinandersetzung mit ihrer Trauer

Münster (24. Oktober 2023). Plötzlich und unerwartet einen geliebten Menschen zu verlieren, ist schockierend und kann traumatisch sein. Wenn die Todesursache ein Suizid war, kommen für Suizid-Hinterbliebene zur Trauer häufig Schuldgefühle, Selbstvorwürfe und die Frage nach dem Warum dazu. Carolin Kunze, Designabsolventin der FH Münster, weiß als Betroffene, wie hilflos sich Suizid-Hinterbliebene fühlen können. Um ihnen in der akuten Krise und auch darüber hinaus zu helfen, hat sie für ihr Bachelorprojekt im Fach Kommunikationsdesign das Begleitheft „überweiterleben“ geschrieben und gestaltet. Es bietet vielfältige Informationen und Impulse zur Auseinandersetzung mit der Trauer nach einem Suizid. Betreut wurde ihre Arbeit von Prof. Daniel Braun und Diplom-Designer Paul Bičište.

Mehrere hunderttausend Menschen in Deutschland mit der Trauer nach einem Suizid konfrontiert

„9215 Menschen starben 2021 in Deutschland durch Suizid“, berichtet Kunze. „Es ist davon auszugehen, dass mehrere hunderttausend Menschen in Deutschland mit der Trauer nach einem Suizid konfrontiert sind.“ Ihr Heft hat sie so aufgebaut, dass es von allgemeinen Fakten und Informationen über Hilfsangebote immer persönlicher wird und durch verschiedene Impulse zur Reflexion einlädt. So erläutert sie unter anderem Risikofaktoren für Suizidalität, diskutiert geeignete Begriffe, um über das Ereignis zu sprechen – die weit verbreiteten Bezeichnungen „Selbstmord“ oder „Freitod“ etwa sind problematisch, da eine Selbsttötung weder ein krimineller Strafbestand noch automatisch eine freie Willensentscheidung ist – und gibt Denkanstöße, um Rituale zur Erinnerung an die Verstorbenen zu entwickeln.

Austausch mit anderen Betroffenen für Suizid-Hinterbliebene wichtig

„Für mich war der Austausch mit anderen Betroffenen damals unglaublich wichtig“, erzählt Kunze. Basierend auf mehreren Gesprächen und einer Online-Befragung gibt ihr Heft anhand vieler Zitate Einblicke in die Erfahrungen anderer Betroffener und beleuchtet, wie sie mit ihrer Trauer umgehen. „Viele der Besucherinnen und Besucher der Parcours-Ausstellung hat es sehr berührt, diese Zitate zu lesen.“ Bei der öffentlichen Abschlusspräsentation des Fachbereichs Design der FH Münster, der Münster School of Design (MSD), hatte sie ihr Projekt „überweiterleben“ vorgestellt.

Mehrere Therapeut*innen, die mit Trauernden arbeiten, haben die Ausstellung ebenfalls besucht und ihr rückgemeldet, dass sie es sehr hilfreich fänden, Betroffenen, also Suizid-Hinterbliebenen, das Heft mit nach Hause geben zu können. Vielleicht wird dies in Zukunft möglich sein, denn aktuell ist die Absolventin auf der Suche nach einem Verlag, der ihr Werk veröffentlicht. „Es wäre toll, wenn das klappt“, sagt Kunze. Unabhängig von einer Veröffentlichung möchte sie weitere Möglichkeiten zur Unterstützung von Suizid-Hinterbliebenen aus ihrem Bachelor-Projekt ableiten. Hierfür hat die 32-Jährige gerade ein EXIST-Women-Stipendium beantragt.