Kaffee und Kuchen: Deutschkurse für Migrantinnen

Münster.- Was serviere ich, wenn ich meine deutsche Nachbarin einladen möchte? Dies ist eine der Fragen, die sich im Alltag eine Türkin, eine Polin oder eine Frau von der Elfenbeinküste stellt. Wenn sie etwa näheren Kontakt mit Müttern der Mitschüler ihrer Kinder aufnehmen möchte. Die Antwort: "Kaffee und Kuchen" kann sie in einem Sprachkurs für Mütter erhalten.

 

Sprache und Kultur der neuen Heimat kennenlernen

Ein Anteil von 30 Prozent Schülern und mehr mit Migrationshintergrund an einigen weiterführenden Schulen des Stadtbezirks Nord stellt die unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer vor besondere Herausforderungen. Deutsche Sprachkenntnisse sind entscheidend für gute schulische Leistungen und für das spätere Berufsleben.

Ansprechpartner in schulischen Fragen sind in der Regel die Mütter. Entsprechend sind auch deren Sprachkenntnisse ein wichtiger Faktor für die Ausbildung und Integration der Kinder. Gleichzeitig hilft die Kenntnis der deutschen Sprache auch den Müttern im Alltag.

Mütter sind Ansprechpartner

Um diese Mütter zu erreichen setzten sich die Beratungslehrerin der Geschwister-Scholl-Realschule, Irmgard Weber, und die sozialpädagogische Fachkraft für Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien an der Hauptschule Coerde, Jasmina Schäfer, dafür ein, Deutschkurse für Mütter einzurichten. Unterstützt werden sie vom städtischen Amt für Schule und Weiterbildung.

In den Kursen treffen sich Frauen aus den ehemaligen GUS-Staaten, der Türkei, aus Ex-Jugoslawien, Polen, Irak, Somalia, Elfenbeinküste oder Angola. Bis zu 20 Frauen aus unterschiedlichen Kulturkreisen wollen die Sprache ihrer neuen Heimat lernen um ihre Kinder zu unterstützen. Ob Christin, Muslimin oder Hinduistin, ihnen allen ist es wichtig, dass ihre Kinder die Schule erfolgreich besuchen.

"Es gibt zwei Sorten Lernende", erläutert Jasmina Schäfer, "Diejenigen, die ‚ungesteuert‘ erste Deutschkenntnisse erworben haben – das sind häufig Flüchtlingsfrauen oder Frauen aus der Türkei. Spätaussiedlerinnen haben Deutschkurse besucht, ihnen fehlt aber die Praxis."

Die begrenzten Deutschkenntnisse bergen die Gefahr, Missverständnissen zu erliegen. Die Inhalte offizieller Briefe etwa werden nicht immer richtig gedeutet. In den Sprachkursen kann geholfen werden. Aber auch die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe stellen die Frauen vor Fragen wie "Wie gehe ich damit um, dass meine Tochter einen Freund hat?"

Frauenthemen

"Fragen wie diese würden in gemischten Kursen nicht gestellt. Dort fühlen sich die Frauen häufig nicht wohl. Hinzu kommt, dass viele Ehemänner dem Besuch eines solchen Kurses nicht zustimmen würden", so Schäfer. In den Mütter-Kursen stehen "Frauenthemen" und die Familie im weitesten Sinne auf dem Stundenplan.

Im – deutschen – Gespräch tauschen sich die Frauen aus, geben sich Ratschläge und schlagen Themen vor. Es wird viel gelacht und es spielt keine Rolle, welcher Religion die Einzelne angehört. Alle bewegen dieselben Themen. Anders als ihre Kinder müssen die Mütter keine Hausaufgaben machen. Das macht die Kurse alltagstauglich. Aber – ein wenig Grammatik muss sein.

Ein wenig Grammatik muss sein

So gerüstet geht es auf Exkursionen oder werden besondere Projekte in Angriff genommen. Auf dem Weg in die Stadt zum Besuch der Bücherei oder des Museums kann auch gleich die Frage "Wie fahre ich Bus?" geklärt werden. Der Radius der Frauen erweitert sich und vergrößert den Mut. Etwa zu einem öffentlichen Auftritt.

Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Geschwister-Scholl-Realschule in Kinderhaus wollten auch die Migrantinnen ihren Beitrag leisten und haben eine Modenschau mit ihren Landestrachten organisiert. Nicht jede wollte mitmachen, aber am Ende standen alle mit dem Mikrofon auf der Bühne und sprachen zu den Gästen.

Soviel Mut muss belohnt werden. Bürgermeisterin Karin Reismann lud die Frauen zu einem Empfang in den Friedenssaal ein. Deutlicher kann die Teilnahme am öffentlichen Leben in Münster kaum sein.

Neben einem privaten Besuch zu Kaffee und Kuchen sollen in Zukunft auch Aktionen mit interessierten deutschen Müttern, möglichst aus den Klassen der Kinder, durchgeführt werden. Daraus ergeben sich möglicherweise dauerhafte Kontakte. Einige Frauen ermuntern ihre Nachbarinnen, einen Deutschkurs zu besuchen. Durch die Teilnahme am Mütterkurs motiviert, besuchen manche anschließend auch weiterführende Kurse an der VHS.

Damit die Integration noch besser gelingen kann, ist für 2006 eine große Stadterkundungsaktion geplant. Ältere Schülerinnen und Schüler der Geschwister-Scholl-Realschule wollen die Mütter mit Hilfe des soeben erschienenen "Stadtführers in einfacher Sprache" dabei unterstützen.