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„Wieder ein Stück Wolbeck weg“: Gaststätte „Schmitz“ abgerissen

Haus von Hinkelmann folgt / Passanten mit vielen Erinnerungen

Münster-Wolbeck (agh). Die Türmchen auf dem Giebel des Drostenhofes werfen ihren Schatten auf das Dach der ehemaligen Gaststätte Schmitz, elegante Formen auf roten Ziegeln vor blauem Himmel. Ein letztes Mal, denn drei Meter weiter links von den Fialen-Schatten ist der Blick in den Himmel schon frei, Ziegel und Dachgestühl liegen auf dem Boden des Obergeschosses. Noch weiter links führt der Blick schon ins Grüne – nur ein Haus steht mittendrin, dahinter könnte auch Wald sein, mitten in Wolbeck. Der Bagger eröffnet neue Sichten.

Wehmut beherrscht einige Zeugen, die lange ausharren vor dem Torhaus der Früh-Renaissance. „Wahnsinn, wieder ein Stück Geschichte weg“, sagt einer zum Abriss  der Gaststätte „An de Steenpaorte“, wie sie eigentlich hieß. „Da, wo der Bagger steht, war die Toilette – da haben wir manchen Liter gelassen“, sagt ein Großvater neben seinem Enkel, und meint Lowinen, für die man in der Schecherie Kotenmoos ließ. „Wieder ein Stück Wolbeck weg.“ Bleiben wird einiges vom Inventar, das Anfang 2021 zu erwerben war.

„Na, Tobi, nimmst du Abschied?“, fragt eine Passantin. „Da geht sie hin, die Kneipe“, sagt Tobi Horstmann, letzter Pächter der Kneipe Am Steintor 6, viereinhalb Jahre lang. „Man hat so viel getan für die Kneipe.“ Vor ihm wirkten dort Hedwig und Maria Schmitz.

„Das ist schon traurig“, sagt eine, die von Amts wegen alle Kneipen durchziehen musste, Elli Brodrecht, Hippenmajorin der Session 2015. Ebenfalls abgerissen wird das jüngere Haus hinter „Schmitz“.

„Wie ein Zahnstocher“, meint Torsten Hinkelmann zu einem der Balken, den der Bagger spielend leicht hebt und dreht und ablegt in den großen blauen Container. Er blickt von der Hofstraße hindurch zwischen dem Drostenhof und einem alten Haus auf „Schmitz“.  Am Mittwoch ist das Haus zu seiner Rechten dran, das seiner Familie gehört.

Zerborstene Ziegel liegen auf dem Bürgersteig, auch in der Marktstraße. Noch ist nicht komplett gesperrt, mit Rad und zu Fuß kommt man durch. Ein Raum nach dem anderen legt der Bagger frei. War da nicht eine Wohnung? Nein, das war zuletzt der Raum für die Raucher: „Da haben wir gequalmt.“ Weiter vorn der Gastraum, westfälisch-urig: tiefhängende, dunkle Balken, Tische und Sitzbänke zwischen Trennwänden, die Kästen der Spar-Clubs, „De Gemötlicken“ und „Am Ball“ zum Beispiel, der kleine Raum, der einmal einen Vortrag über den Weltraum erlebte, zahllose Partys, das Karnevals-Treiben. Die hölzerne Decke zittert unter herabstürzenden Teilen des Dachs. Dann klirrt das Glas des ersten Fensters; ein Arbeiter spritzt Wasser in die Staubwolke.

Bis Dienstagnachmittag wird auch das Haus gegenüber verschwunden sein. Der Rest ist Aufräumen.

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