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Was tun bei Schulverweigerung? Stadt Münster plant Ausweitung ihres Angebots

“Gesamtkonzept Schulabsentismus” soll Prävention und Rückführung in Schulen stärken

Münster (SMS). Manche fehlen nur ein paar Tage, andere sogar ein paar Wochen oder Monate: Trotz der in Deutschland geltenden allgemeinen Schulpflicht bleiben Kinder und Jugendliche dem Schulunterricht immer wieder unentschuldigt fern. Um mögliche Schulverweigerinnen und Schulverweigerer künftig noch besser unterstützen und zurück in den Schulalltag integrieren zu können, plant die Stadt Münster mit einem “Gesamtkonzept Schulabsentismus” eine Ausweitung ihrer bisherigen Maßnahmen. Die politische Beratungsfolge über das neue Konzept beginnt am Montag, 17. Januar 2023, mit der Anhörung der Bezirksvertretung Münster-Nord; der Rat entscheidet am 15. Februar 2023. 

„Schulabsentismus ist auch in Münster ein Problem, das sich in allen Schulformen zeigt. Wir möchten in einem engen Schulterschluss mit der Schulaufsicht Schulabsentismus daher so früh wie möglich vorbeugen und noch stärker aktiv entgegenwirken“, sagt Katja Meyer-Holsiepe vom Amt für Schule und Weiterbildung. Die Stadt will die bereits bestehenden Beratungsangebote künftig noch besser in den Schulen verankern. Zusätzlich strebt sie eine Ausweitung der präventiven und unterstützenden Angebotsstruktur ebenso an wie eine Öffnung und konzeptionelle Erweiterung der bestehenden Angebote, um schulabsenten Schülerinnen und Schülern aller Schulformen der Sekundarstufe I einen Platz anbieten zu können. 

Zielgruppen-Erweiterung an „Villa Interim“

Das neue „Gesamtkonzept Schulabsentismus“ sieht dabei mehrere, konkrete Maßnahmen vor: Demnach soll unter anderem die Zielgruppe des schulischen Lernorts „Villa Interim“ auf Kinder und Jugendliche mit Schulabsentismus der Jahrgangsstufen 5 bis 8 ausgeweitet werden. Und zusätzlich soll hier ein digitaler Lernort – in Federführung der Schulaufsicht – für Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 10, die nicht am Präsenzangebot teilnehmen können, an die Einrichtung angedockt werden. Das Angebot soll von derzeit zwölf auf künftig 15 erweitert werden. 

Bislang richtet sich das Angebot in erster Linie an Schülerinnen und Schüler, die vom Schulausschluss bedroht oder schwer psychisch beeinträchtigt sind. Das neue Intensiv-Angebot richtet sich an Schülerinnen und Schüler, die im Regelschulsystem keinen Anschluss finden. Es soll dann greifen, wenn die Schulverweigerung so weit fortgeschritten ist, dass Maßnahmen der Schule, der Schulsozialarbeit sowie der Beratungsdienste nicht mehr greifen. 

Stadtteilwerkstatt Nord wird zur Werkstattschule

Das bisherige Angebot der Stadtteilwerkstatt Nord läuft dagegen zum Ende des Schuljahres 2022/23 aus. Als Nachfolge plant die Verwaltung die Gründung einer „Werkstattschule“ für Jugendliche der Jahrgangsstufen 9 und 10, die nicht mehr ausreichend vom System Schule erreicht werden. Durch den Besuch der Werkstattschule wird die gesetzliche Schulpflicht in der Sekundarstufe I erfüllt. Ziel ist ein schulischer Abschluss oder die Rückführung in die Stammschule. Für die beiden Angebote der Villa Interim sowie die Werkstattschule soll eine Fallclearingstelle Schulabsentismus eingerichtet werden, die sowohl den Zugang steuert als auch multiprofessionell und einzelfallorientiert bei komplexen Problemlagen von Schülerinnen und Schülern mit Unterrichts-/Schulabsentismus berät. 

„Schulabsentismus ist komplexes Phänomen“

Die Gründe für längere Fehlzeiten von Schülerinnen und Schülern sind vielschichtig und reichen weit über das reine Schulschwänzen hinaus. „Schulabsentismus ist ein komplexes Phänomen“, so Heike Nees. Leiterin der Fachstelle Jugendhilfe an weiterführenden Schulen im Amt für Kinder, Jugendliche und Familien. „Das fängt bei familiären Problemen an und reicht von Mobbing und Überforderung über schulische Probleme bis hin zu psychischen Erkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen. Wenn Kinder und Jugendliche der Schule fernbleiben, ist dies oftmals die erste Lösung bei lebensbedingten Belastungen. Daher braucht es einen sensiblen Umgang mit den Betroffenen.“

Bereits heute gibt es in Münster eine Vielzahl an Einrichtungen und Dienste wie die Fachberatung Schulverweigerung, die Schulsozialarbeit oder den kinder- und jugendpsychiatrischen Dienst, die sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch für Eltern Beratung und Unterstützung beim Thema Schulabsentismus anbieten. Auch das Netzwerk Schulabsentismus bietet Hilfe. Neben der Stadt Münster arbeiten darin das Universitätsklinikum, die Bezirksregierung, Kinder- und Jugendärzte sowie Kinder- und Jugendpsychiater und -psychologen mit dem Ziel, für das Thema Schulabsentismus zu sensibilisieren.

Zur Information

Schulabsentismus: Schulabsentismus beschreibt das vorsätzliche Fernbleiben von Schülerinnen und Schülern vom Unterricht trotz Schulpflicht. Dabei gibt es drei geläufige Ausprägungen von Verhaltensmustern: das notorische Schulschwänzen/Schulverweigern; die angstgesteuerte Schulverweigerung beziehungsweise das Schulmeidungsverhalten; das Zurückhalten des Schülers vom Unterricht in erster Linie durch die Eltern. 

Beteiligte: An dem Verfahren für das „Gesamtkonzept Schulabsentismus“ beteiligt sind das Amt für Schule und Weiterbildung, das Amt für Kinder, Jugendliche und Familien, das Gesundheits- und Veterinäramt und die Schulaufsichten für die Grund- und Hauptschulen sowie die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen.

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