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Von Freiheit nicht nur geträumt

Münster-Wolbeck. „Ich wusste gar nicht“, sagt der langmähnige Poet mit der Lederhose, „dass der Hochaltar in St. Nikolaus von Schlaun entworfen wurde“. Der Blick in das Faltblatt „Wolbecker Spaziergang“ fördert bei einem Capuccino in der prallen Sonne vor dem Eiscafé De Bona in Wolbeck erste Erinnerungen zu Tage.

Ulrich P. Hinz war Messdiener, stellt sich heraus, Pastor Joseph Barenbrügge und viele andere sind ihm noch geläufig. Dabei wohnte er seit seinem elften Lebensjahr in Nienberge und hat Wolbeck kaum wieder gesehen, erzählt Hinz am Samstagnachmittag. Bei Reitmeiers lag bei Messdiener-Sammlungen für die Dritte Welt meist ein Beutel Kleingeld bereit, die drei ersten Ameland-Freizeiten hat er mitgemacht, als neben den Betten noch die Kuh-Tränken zu sehen waren. Mit Rosemarie Janzing wurde „Von dem Fischer und seiner Frau Ilsebill“ aufgeführt. Haften blieb auch das Drachen steigen lassen am Esch. Der Park des Drostenhofes weckt die Erinnerung an ein frühes Kinder-Schützenfest, in der Drostenhofstraße spürt er die Nähe seines alten Schulweges. Der Hinweis auf die Synagoge in der Wallstraße überrascht und freut ihn wie der Jüdische Friedhof. Er nimmt sich dann viel mehr Zeit als eingeplant, auch St. Nikolaus will er wieder sehen. „War die Kirche früher so weiß?“

Hinz besuchte die Realschule in Angelmodde – „Weidlich hieß doch der Direktor“ -, nach dem Schul-Abschluss die Höhere Handelsschule. „Sehr fachspezifisch war das“, erinnert er sich: Rechnungswesen, BWL. Längst war Literatur sein Faible. Darüber geriet er mit Verlagschef Max-Fritz Hüffer ins Gespräch, als er sich im Aschendorff-Verlag um einen Ausbildungsplatz als Industriekaufmann bewarb. Der Verlag übernahm ihn nach der Lehre, dann entschied sich Hinz für weiteres Lernen, für das Overberg-Kolleg als Ganztags-Schule. „Freiheit war mir schon immer wichtiger als Geld.“ Der Deutschlehrer war begeisternd: „Das war wie im Club der Toten Dichter, nur nicht so abgefahren.“ Nach den drei Jahren Freiheit zum Lernen studierte der 1966 Geborene Philosophie, Germanistik und Völkerkunde, arbeitete als wissenschaftliche Hilfskraft am Althochdeutschen Wörterbuch.

Schriftliche Erinnerungen an Wolbeck aus der Kindheit an der Münsterstraße finden sich in zwei Roman-Anfängen. „Ob ich die zu Ende bringe, kann ich nicht sagen.“ Auf einer seiner Websites könne man sie nachlesen. Das erste mit dem Schreiben verdiente Geld war eine Gruselgeschichte – ein studierender Priester hatte ihn auf die Gelegenheit hingewiesen. Gerade ist sein zweites Buch erschienen, diesmal ein reiner Gedichtband, „Träum aus“. Das Erstlingswerk "Gegen alle Hoffnung" bot 2004 Gedichte und Kurzgeschichten, das zweite gedichtete Geschichten. Viel sagen mit wenig Worten, einfachen Worten – ein Vorbild dafür sei besonders Rose Ausländer gewesen. Hinz baut mit Worten, Wortspielereien sind es nicht. Genau gewählt sind sie, da und dort selbst erfunden, liefern bildmächtig einen roten Faden. Er baut sehr überlegte Sinn-Angebote, die ein jeder auf seine Weise erschließen darf. „Er stirbt alt In jungen Jahren Vor der Glotze“ – das kann man medienkritisch lesen, doch Hinz hatte den frühen Tod des Jazz-Musikers und Komponisten Charlie Parker im Kopf. Musik war sein erstes Faible. Hinz lernte – klassisch – Block- und Altblockflöte in Wolbeck – ein VHS-Angebot -, dann Gitarre. Am 13. Juli liest Hinz gegen 21 Uhr im „Café Arte“ vor dem Landesmuseum in Münster.

Ulrich P. Hinz im Internet

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