Tolksdorf neuer Präsident des Bundesgerichtshofs

Karlsruhe.- Der Bundesgerichtshof hat einen neuen Präsidenten. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries  überreichte am Donnerstag beim Festakt in Karlsruhe dem 59-jährigen Klaus Tolksdorf aus Münster die Ernennungsurkunde. Der schon in der Vergangenheit am Bundesgerichtshof tätige Strafrichter tritt an der Spitze des größten deutschen Bundesgerichts die Nachfolge von Günter Hirsch an. Hirsch erreichte nach sieben Amtsjahren die Altersgrenze.

Keiner der beiden gehört einer politischen Partei an. Hirsch war aber auf Vorschlag der CDU ins Amt gekommen, für seinen Nachfolger hatte die SPD das Vorschlagsrecht. Zypries betonte, dass in Gestalt von Tolksdorf zum ersten Mal nach 30 Jahren wieder ein BGH-Richter selbst Präsident des höchsten Gerichts für Zivil- und Strafsachen wird.

Jüngere Fälle von Tolksdorf

Erst vor wenigen Wochen hatte Tolksdorf zusammen mit seinen Kollegen des Sechsten Strafsenats entschieden, dass die Großrazzien von Generalbundesanwältin Monika Harms vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm rechtswidrig waren. Aber auch die heimliche Online-Durchsuchung von Computern war von seinem Senat mangels gesetzlicher Grundlage gestoppt worden. Zudem hatte Tolksdorf die Revisionsverhandlung gegen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und die Mannesmann-Manager geleitet.

Justizministerin würdigte scheidenden Präsidenten als „Außenminister der deutschen Justiz“

In der Feierstunde in Karlsruhe würdigte die Justizministerin den scheidenden Präsidenten Hirsch am Donnerstag als «Außenminister der deutschen Justiz». Er sei ein überzeugter Europäer und habe als früherer Richter am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zu einer Zeit für die europäische Gerichtsbarkeit geworben, als viele deutsche Juristen den Luxemburger Gerichtshof noch als «Fremdkörper» empfunden hätten. Zypries nannte den Hirsch weiter einen «Streiter für die Dritte Gewalt». Mit großem Engagement habe er sich für die Unabhängigkeit der Justiz eingesetzt.

Der Justiz mehr Mitspracherechte bei der Wahl der Bundesrichter geben

Der scheidende BGH-Präsident appellierte in seiner Abschiedsrede an den Gesetzgeber, der Justiz mehr Mitspracherechte bei der Wahl der Bundesrichter zu geben. Das würde auch den falschen Eindruck verhindern, Bundesrichter seien durch die Gunst politischer Parteien zu ihrem Amt gekommen. In dem 32-köpfigen Wahlgremium solle es nach dem Willen Hirschs zumindest zwei Stellen für Vertreter der Richterschaft geben.

Sowohl Generalbundesanwältin Harms als auch der neue BGH-Präsident Tolksdorf traten in ihren Ansprachen Medienberichten entgegen, neuere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs bedeuteten eine schwere Niederlage für die Bundesanwaltschaft. Beide betonten, dass Meinungsunterscheide in der Sache nichts mit „Siegen, Niederlagen oder Machtkämpfen“ zu tun hätten.