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Seelen entdecken: Ausstellung „In der Meeresweite meiner Seele …“

Kunsthaus Kannen zeigt Exponate der Outsider Art bis Januar 2021

Münster-Amelsbüren (Von Andreas Hasenkamp). Eine fremde Seele lesen und vielleicht etwas aus der eigenen, das können Besucher der neuesten Ausstellung im Kunsthaus Kannen unternehmen: „In der Meeresweite meiner Seele …“ heißt sie und vereint Werke von neun Künstlern der Outsider Art. [Mit Foto-Strecke am Ende des Berichts]

Richtige Vernissagen gibt es wegen Corona derzeit nicht, aber Lisa Inckmann, die Leiterin des Kunsthauses informierte ein gutes Dutzend Gäste über das Spektrum des Schaffens, das hier einlädt.

Gäste befragen Künstler im Kunsthaus Kannen intensiv

Von den sieben Künstlern und zwei Künstlerinnen war einer zur Eröffnung gekommen: Hans Oberle aus der Nähe von Neumünster. Der ermunterte die Gäste zum Fragen, und die nutzten es gern. So erfuhren sie, dass er bis zu zwei Wochen an einem der meist großformatigen Werke arbeitet, ausschließlich an einem. Fertig seien sie, „wenn ich zufrieden bin. Dann können sie weg“. Wenn der Drang zum Malen ihn überkomme, beginne er – ohne eine Idee im Kopf zu haben. „Es ist manchmal wie ein Zwang.“ „Die Idee entsteht, während ich anfange zu malen.“ Er wähle eine Farbe, dann entwickle sich aus dem Malen und Malen und Weitermalen ein erkennbares Werk. Er male „manchmal mit drei Pinseln in der Hand“. Und das sei „wie Meditation“, berichtet seine Betreuerin, „er ist dann ganz versunken.“

Besucher der Ausstellung „In der Meeresweite meiner Seele …“ im Kunsthaus Kannen. Foto: A. Hasenkamp

Häufig entstehen Gesichter: Manche haben weitere menschliche Gesichter um sich, andere tragen Gesichter in sich – es lohnt sich, näher heranzugehen. Doch schon vom anderen Ende des großes Ausstellungssaals fällt bei wenigstens zwei Bildern auf, dass sie große, weit geöffnete Augen haben. Titel geben wolle er seinen Werken prinzipiell nicht: Es lese sie ohnehin jeder Mensch anders, da wolle er sich nicht einmischen. Zur Malerei kam er im Gefängnis, überredet durch andere: Aus dem Kurs entstand sein erstes Werk, das einen Friedhof zeigt. Seither malt er und schuf allein seit 2017 ca. 100 Werke. Aber die Motive sind ganz andere geworden. Davon zeugt auch das „Atelierheft #1“, das noch weitere Ausdruckswelten von Oberle zeigt.

„Figurative Wesen“ scheinen den Betrachter zu verfolgen mit ihren Augen

Exponate von Marc Czyzewski aus Greifswald in der Ausstellung „In der Meeresweite meiner Seele …“ im Kunsthaus Kannen im Oktober 2020. Foto: A. Hasenkamp, Fotograf in Münster.

Abstrahiert sind auch Marc Czyzewskis „figurative Wesen“, die den Betrachter mit dem Auge zu verfolgen scheinen. Die Menschen in den Gruppen von Jürgen Essing aus Münster erscheinen geisterhaft, doch auch fixieren den Betrachter. „Jeder hat sein eigenes Ich nach außen gestellt“, so Inckmann. „Wenn man sich die Bilder eingehend anschaut, sind sie wirklich lesbar.“

Dreidimensional selbst arrangieren in der Ausstellung „In der Meeresweite meiner Seele …“

Nicht alle Exponate sind Gemälde. Da sind Kopffiguren aus Ton; eine Vitrine enthält Teile aus dem Inneren des Körpers: Hirn und Herz, zum Beispiel. Aus den Puppen und Tuschezeichnungen von Lisa Urban haben die Ausstellungs-Macherinnen in Amelsbüren ein dreidimensionales Arrangement geschaffen, das zum Gewinnen unterschiedlicher Kombinationen einlädt – schon durch einen Schritt zur Seite.

Weitere Exponate stammen von Marc Czyzewski (Karlsruhe), Werner Otto Lexa (Dormagen), Otto alias Rüdiger Schmidt (Greifswald). Sven Redlich (Köln), Mark Stevens (Australien) und Nicole Szlachetka (Münster).

Die Bilder und Objekte sind käuflich zu erwerben. Die Ausstellung läuft bis Ende Januar.

Die Künstler der Ausstellung „In der Meeresweite meiner Seele …“

Marc Czyzewski (Karlsruhe), Jürgen Essing (Münster), Werner Otto Lexa (Dormagen), Otto (Rüdiger Schmidt)(Greifswald), Hans Oberle (Rickling), Sven Redlich (Köln), Mark Stevens (Perth /Australien), Nicole Szlachetka (Münster), Lisa Urban (Hamburg).

Mehr zum Kunsthaus Kannen

Lisa Urbans Objekt-Arrangements im Kunsthaus Kannen

Lisa Urbans im Kunsthaus Kannen 2020 bis 2021 ausgestellten Werke bestechen und fesseln durch ihre Vielseitigkeit. Und sie bieten dem Betrachter die Möglichkeit, sie in unterschiedlichen Kombinationen zu betrachten und neue Sinnzusammenhänge zu schaffen – im eigenen Kopf, durch Bewegen mit den eigenen Füßen. Lisa Urban stammt aus Hamburg, wo sie auch heute lebt und arbeitet. Urban gehört der Künsterlergruppe „die maler“ an, zu der Menschen mit und ohne psychischen Hintergrund gehören. Malerei, Zeichnung, Collage und Scherenschnitt – mit allem hat sich Urban in den letzten Jahren intensiv befasst.

Meerjungmann von Lisa Urban mit Zeichnungen im Hintergrund: Vom Betrachter arrangierbar. Foto: anh.

Lisa Urbans Objekt sind häufig dreidimensional. Es sind fantasiereiche Puppen, die Menschen oder Tiere darstellen – oder Kombinationen wie den „Meerjungmann“. Übrigens: Es gibt einen „Meerjungmann“ in Brasilien.

Eine weitere Querverbindung zwischen Objekten: Wenn Urban eine Tuschezeichnung abgeschlossen hat, versucht sie, diese Arbeit in ein Objekt zu verwandeln, in etwas Dreidimensionales. Das dargestellte Wesen soll umgewandelt werden in einen „lebendigen Begleiter“. Letzten Endes will Lisa Urban mit den im Kunsthaus Kannen ausgestellten Werken Geschichten erzählen – deren Ende offen ist.

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