Reichsgrafen und Schützenkönige

Münster-Wolbeck. Hier gab es auch für alteingesessene Kenner Wolbecks allerhand Überraschungen: Was Heinz Gallenkämper in seinem Film „Das Haus Merveldt und der Drostenhof heute und einst“ zeigte, fesselte am Donnerstagabend das Publikum im Rittersaal des Drostenhofes. 450 Jahre ließ er in Dokumenten, etlichen wenig bekannten Fotos und in vielen Interviews auch mit Angehörigen der Familie Merveldt lebendig werden. Urkundlich nachgewiesen ist die Familie   schon 1169 im Einkünfteverzeichnis der Abteil Wehrden.

Dirk von Merveldt, Droste seit 1528, rang dem „Wiedertäufer“ Jan van Leyden die Kette ab – der Dank des Fürstbischofs für die Eroberungs Münsters bescherte den Merveldts Reichtum und  den Drostenhof, bis heute mitten im Ort gelegen, sowie Schloss Westerwinkel. Stulpenhandschuhe, Schwert und Medaillon kennzeichnen auf Gemälden der Adelsfamilie ihren hohen Stand, auch die „exzellenten Steinhauer-Arbeiten“ der Grabsteine in der südlichen Chorhälfte von St. Nikolaus zeugen von ihrer Rolle. Bis zum Jahre 1800 hatten sie hohe Posten beim Fürstbischof inne. Kaiser Karl VI. verlieh der Familie 1726 den Titel Reichsgraf. den auch der heutige Besitzer des Drostenhofes führt: Franz-Pius Reichsgraf von Merveldt. Mehrfach war ein von Merveldt Schützenkönig der Achatius-Bruderschaft, zuerst 1729. Ein Achatius-Bruder, der Schmied Brandhove. hatte einst einen Merveldt vor den „Wiedertäufern“ beschützt. Der Fahnenschlag der Bruderschaften zu Ehren der Adelsfamilie ist bis heute eine Institution, von der Gallenkämper historische Fotos zeigte.
Auf den Spuren der Familie von Merveldt führt Gallenkämper die Besucher allerdings weit über Münster hinaus, so auf Schloss Ittlingen und Schloss Westerwinkel, weit in die Welt des Adels.
Hoch vom Turm hat Gallenkämpers Kamera den Hof und die Sicht auf Wolbeck gefilmt und lässt den Betrachter an den Erinnerungen einer Tante des Besitzers, Frau Egginger Gräfin Helene von Merveldt, teilhaben. Nur den Keller zeigte er nicht, der während der Bombardierung Münsters im II. Weltkrieg vielen Wolbeckern Schutz bot, während darüber Filialen der Deutschen Bank im Jagdsaal, der Sparkasse im Salon und auch eine Buchhandlung im Foyer Unterkunft gefunden hatten.
Längst nicht immer bewohnte die Familie von Merveldt das Schmuckstück der Weser-Renaissance; es beherbergte lange den Rendanten und seine Familie sowie wie Amtsverwaltung.
1975 begann das Westpreußische Landesmuseum eine zunächst bescheidene Erinnerungsstätte; 1983 mietete es das ganze Herrenhaus. Eine wegweisende Öffnung hin zum Kulturzentrum leistete dann der Förderkreis Drostenhof: Heute ziehen regelmäßig besonders seine Veranstaltungen Freunde von Musik und Kultur in das Herrenhaus. Und das Sommerfest im Drostenhof, so Josef Leifert im Interview mit Gallenkämper, sei wohl das einzige Fest, das Alt und Jung, Alteingesessene und Neubürger in Wolbeck zusammenbringt.
Leifert, Vorsitzender des Heimatvereins und selbst als Interviewer im Film zu sehen, dankte Gallenkämper für dessen „bislang besten“ Film und warb für seinen, den “preiswertesten“ Verein Wolbecks. Die Veranstaltung wird am 22. April um 20 Uhr im Drostenhof wiederholt.