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Neue Heimat musste erst aufgebaut werden: kühle Aufnahme in Wolbeck für Flüchtlinge

Elisabeth Herlyn und Christiane Bangert 2006 in der Christuskirche in Wolbeck.

Elisabeth Herlyn und Christiane Bangert 2006 in der Christuskirche in Wolbeck.

Münster-Wolbeck. Ob sie den historischen Informationen zur Wolbecker Frauenhilfe in den vielen Grußworten vom Sonntag noch etwas hinzufügen könnte, daran hatte Elisabeth Herlyn am Sonntag, dem 13.08.2006,  noch starke Zweifel.

„Vor 60 Jahren – Frauen finden mit ihren Familien eine neue Heimat in Wolbeck“

Doch ihr Vortrag zum Thema „Vor 60 Jahren – Frauen finden mit ihren Familien eine neue Heimat in Wolbeck“ am Montagnachmittag in den Räumen der Christuskirche brachte manches Detail und vor allem viele der Frauenhilfe-Schwestern zum Reden.

Die meist noch frische Erinnerung an Flucht und Vertreibung brachten die meisten mit, die aus Pommern, Ostpreußen oder Schlesien kamen. Hunger und Kälte, endlose Fußmärsche oder die gefährliche Passage über die Ostsee lagen hinter ihnen. Eine heutige Wolbeckerin entging knapp dem Untergang der „Goia“. Viele kamen erst Jahre nach Kriegsende über Stationen in Österreich oder Norddeutschland, andere dann über Coerde und Gremmendorf nach Wolbeck.

Knappe Lebensmittel, menschliche Enttäuschungen der Geflüchteten

Materiell fehlt es an allem. „Ich hatte meine beiden Schätze, meine Töchter“, erzählte eine. Nahrungsmittel waren auch bei den Einheimischen knapp. Viele erinnerten sich an Hamster-Aktionen, waren dankbar für die Schulspeisung. Auch menschliche Enttäuschung kam zur Sprache. In der Zeit der Not stießen die meist evangelischen Flüchtlinge auf Ablehnung. Manche zugewiesene Kammer war absichtlich mit Möbeln verstellt und auch manch ungenutzte Matratze wurde verweigert. Froh konnte sein, wer in einer Baracke separat wohnen konnte. Es war dann eine mit einem Katholiken verheiratete Frau, die 1946 die Wolbecker Frauenhilfe gründete, Margarete Diekel.

Kreativ mit Nähen und Literatur

Übereinstimmend berichteten mehrere Frauen, wie kreativ man damals gewesen sei. Geradezu „beflügelnd“ seien kulturelle Angebote gewesen. Während die Frauen an knapper Baby-Kleidung arbeiteten, las der Vater aus Werken von Dostojewski und Thomas Mann. Auch Musik wurde geschätzt. Da passte es gut, dass nach dem Hinkelmann’schen Büfett Ilona Reifschneider als Überraschungsgast zu Mozart in die Klaviertasten griff.

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