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Lewe: „Müssen andere Angebote zurückstellen, um die Rettung von Menschenleben zu sichern“

Notunterkunft Halle Roxel: Ein Bettenrost wird in die Sporthalle getragen

Notunterkunft Halle Roxel: Ein Bettenrost wird in die Sporthalle getragen

Notunterkunft in Hiltrup ist bereits voll belegt / Hilfsorganisationen unterstützen im großen Umfang

Münster (SMS). „Die dramatische Lage in der Ukraine zwingt uns zu Einschränkungen, wie sie unsere Generation noch nicht erlebt hat – ich muss und möchte daher bei unseren nach wie vor über alle Maßen engagierten Bürgerinnen und Bürgern weiterhin um Verständnis und vor allem Solidarität werben“, so Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe am Freitag. „Lippenbekenntnisse allein helfen weder den Geflüchteten noch uns weiter. Um die Rettung von Menschenleben zu sichern, müssen wir andere Angebote zurückstellen, so kostbar sie auch sein mögen.“

Schließung von Sporthallen – wie in Hiltrup und Roxel – zur kurzfristigen Überbrückung als Notunterkunft

Die Schließung von Sporthallen – wie bereits in Hiltrup und Roxel geschehen – ist aufgrund der Extremsituation und insbesondere zur kurzfristigen Überbrückung als Notunterkunft alternativlos. Dass nun eine weitere Sporthalle im West-Bezirk zur Unterbringung Geflüchteter eingerichtet werden muss, schmerzt Lewe. Aber: „Aufgrund der Direktverbindung zur bereits umgewidmeten alten Roxeler Halle schaffen wir hier bei immer knapper werdenden Ressourcen aus Material und Personal dringend notwendige Synergien.“

Zeichen in die Welt

Wie dramatisch die Lage schon jetzt ist, zeigt die Einrichtung der Halle Münsterland mit städtischer Unterstützung zur Landes-Notunterkunft. Seit Freitag erfolgt hier die Belegung in dreistelliger Zahl. „Niemand von uns weiß, wann und wie sich die Situation in der Ukraine noch ändern wird – daher ist es von größtmöglicher Bedeutung, dass wir jetzt als Gemeinschaft so eng es geht beisammenstehen und dies auch als Zeichen in die Welt senden“, so Markus Lewe.  

Mit nun knapp 280 ukrainischen Geflüchteten ist die zur Notunterkunft umgerüsteten Dreifachhalle in Hiltrup seit Freitag (25.3.) voll belegt. Erst vor zwei Wochen (14.3.) wurden hier die ersten zehn Personen untergebracht. Die beständig steigende Zahl an Neuaufnahmen und Zuweisungen des Landes macht die Bereitstellung weiterer Notunterkünfte in Münster unumgänglich. „Dabei handelt es sich sicherlich nicht um den Standard, den wir uns selbst zur Unterbringung Schutzsuchender wünschen“, so Oberbürgermeister Markus Lewe, „aber mit Blick auf bald verfügbare weitere Einrichtungen wie die Blücher-Kaserne, Britenhäuser und andere Optionen können wir so möglicherweise eine extrem schwierige Phase überbrücken.“ 

Kleine Rückzugsmöglichkeiten

Insbesondere die Schaffung kleiner Rückzugsorte in großen Hallenflächen – so beispielsweise durch Trennwände und gesonderte Familienbereiche – sei für die Ankommenden nach den Strapazen der Flucht und dem vorläufigen Verlust der Heimat zwar nur eine marginale, aber eben doch eine Hilfe, so Cornelia Wilkens. Wie lang dieser Standard zu halten ist, hängt nicht nur von der Anzahl Geflüchteter und zu schaffender Wohnräume in Münster ab, sondern auch von noch verfügbaren Materialien. „Ganz Deutschland und auch andere Staaten sind auf der Suche nach Betten, Böden, Trennwänden und anderen zur Unterbringung wichtigen Materialien – das erschwert die Beschaffung immens“, so Sozialdezernentin Cornelia Wilkens. 

Unter den aktuell 280 Personen in der Hiltruper Halle sind rund ein Drittel Kinder, die gemeinsam mit ihren Müttern und Geschwistern untergebracht sind. Es gibt gut ausgestattete Spielzimmer und Gemeinschaftsräume zum Austausch wie zur Begegnung, Außenbereiche mit Sitzmöglichkeiten, aber auch Pavillons für Besuch – diese sind dank einer Spende sogar mit Satelliten-Fernsehen (ukrainische Programme) ausgerüstet. Eine Tischtennisplatte und Outdoor-Spielzeug (Bobbycars, Trecker, Fahrräder, Inliner) sind ebenso vorhanden.

Ein Aufenthaltsraum in der Notunterkunft Halle Hiltrup

Etwas Zerstreuung nach der Flucht

Im anliegenden Casino der Stadthalle erfolgt die Essensausgabe, das ebenfalls benachbarte Hiltruper Schwimmbad steht den Geflüchteten zudem in vielfältiger Weise zur Verfügung. Neben den genutzten Sanitärbereichen finden die ukrainischen Gäste dank des Programms und der Unterstützung von lokalen Vereinen sowie ehrenamtlichen Kräften nicht nur, aber auch im Schwimmbecken etwas Zerstreuung. Ab April sind zudem über das Evangelische Jugendzentrum und eine Kita in Hiltrup weitere Angebote an der Notunterkunft geplant.

„Auch hier zeigt sich die enorme Bereitschaft und Selbstlosigkeit unserer Stadtgesellschaft, in Not geratene Menschen aufzufangen und zu stützen“, bekräftigt Sozialdezernentin und Stadträtin Cornelia Wilkens, „im Zusammenspiel der Verwaltung mit Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen, Organisationen und der Wirtschaft sind wir zu großer Hilfestellung imstande – und wir werden alle dafür nötigen und uns möglichen Maßnahmen ergreifen“. Die Pandemie stelle die vor allem personelle Organisation aller Hilfen zwar immer wieder vor neue Herausforderungen, „aber aufgrund des breiten Unterstützungswillens in der Stadtgesellschaft bin ich guter Dinge, dass wir vielen Menschen nicht nur akut, sondern auch mittel- bis langfristig helfen können, sofern sie es wünschen“, so Markus Lewe.

Die Dreifachsporthalle in Hiltrup ist schon nach weniger als zwei Wochen voll belegt.

Viel Wärme und Nähe

Denn noch ist völlig unklar, wie lang die Geflüchteten in Münster bleiben werden. „Manche sagen bereits ganz klar, dass sie hier nur kurzfristig Schutz und Ruhe benötigen, dann aber baldmöglichst wieder zurück in die Heimat wollen“, so Dirk Winter, Geschäftsführer beim Arbeiter-Samariter-Bund RV Münsterland und zugleich Teil des münsterschen Krisenstabs. Gleiche Erfahrung hat auch Markus Haubrich (Regionalvorstand Johanniter-Unfall-Hilfe und Sprecher des Bündnisses der Hilfsorganisationen) schon gemacht.

Allein in der vom ASB und JUH betreuten Hiltruper Notunterkunft sind an jedem Tag ein Dutzend Sozialkräfte vor Ort, mehrere Sprachmittlerinnen und Sprachmittler bieten ehrenamtlich ihre Dolmetscherdienste an, zeitnah folgen weitere ehrenamtliche Angebote – unter anderem für die Kinderbetreuung, um in der großen Halle weitere Entlastung für die Eltern zu schaffen. Die Einsatzkräfte der Hilfsorganisationen unterstützen an vielen Stellen der Stadt mit Personal und Material, aber eben auch mit viel Wärme und Nähe.  

Obdach für Asylsuchende vieler Nationalitäten

Insgesamt gibt die Stadt aktuell weit über 2000 Menschen in Münster Obdach. Neben den rund 1100 aus der Ukraine Geflüchteten handelt es sich dabei auch um eine etwa vierstellige Zahl an bereits zuvor asylsuchenden Menschen vieler anderer Nationalitäten. Diese sind auf etwa 40 Standorte im gesamten Stadtgebiet verteilt, nicht eingerechnet die vielen privaten Unterkünfte, in die erfolgreich vermittelt werden konnte. Da mit einem weiteren Zulauf von ukrainischen Kriegsvertriebenen zu rechnen ist, hat die Stadt mehrere große Lösungen entweder vorgeplant oder bereits umgesetzt – darunter fällt eben auch die Sporthalle an der Friedensreich-Hundertwasser-Schule in Roxel. Sie steht schon ab der kommenden Woche – wie kurzfristig wohl auch ein Gebäude auf dem Oxford-Gelände – als Notunterkunft zur Verfügung. Die bereits bekannte Reaktivierung der Britenhäuser (BImA) sowie die Übernahme der Blücher-Kaserne schaffen voraussichtlich schon im April weitere wertige Wohnraum-Optionen.

„Klar ist aber auch: Absehbar wird in vielen Fällen Herstellungs- und Ausstattungsaufwand entstehen, und das nicht unerheblich. Das bedeutet in den meisten Fällen eben auch einen zeitlichen Vorlauf, so dass sehr kurzfristige und halbwegs angemessene Lösungen weiter schwierig bleiben“, so Cornelia Wilkens. „Allerdings wissen wir mit den einsatzbereiten und kompetenten Kräften unserer Feuerwehr und der örtlichen Hilfsorganisationen auch immer verlässliche Partner an unserer Seite, die die Umsetzung des Gesamtpaketes erst möglich machen“.

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