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Krankenhaus-Vertreter sprachen im St. Josefs-Stift mit Politikern

Sendenhorst-Albersloh. Eher selten treten Krankenhäuser mit Problemen an die Öffentlichkeit heran. Am Freitagvormittag trafen Politik und Krankenhäuser zu einem Pressegespräch zusammen. Bleibt bald noch weniger Zeit für die Patienten im St. Josefs-Stift, wächst der Druck auf die Mitarbeiter weiter an? Das war die für Bürger praktische Seite des Gesprächs, zu dem Vertreter von Krankenhäusern des Kreises Warendorf  in das St. Josefs-Stift eingeladen hatten.

"Wir sind in Not"

Eine Diskussion, die von finanztechnischen Fachbegriffen der Gesundheitsökonomie nur so strotzte. Dem Gespräch gestellt hatten sich die Landtagsabgeordnete Annette Watermann-Krass von der SPD und der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Peter Paziorek.
Die Sorgen der Krankenhäuser sind groß. Über Kreuz liegen sie auch mit den Krankenkassen. Der Sanierungsbeitrag ist der jüngste Stein des Anstoßes. Werner Strotmeier, Geschäftsführer des St. Josefs-Stifts, und Klaus Schoch vom Diözesan-Caritasverband bezeichneten ihn als „Bombe“. Ob der Beitrag befristet sei oder auf eine Dauersubvention hinauslaufe, fragte der Volkswirt  Volker Hövelmann, Geschäftsführer eines Krankenhauses in Telgte, im Gespräch mit den WN. Man sei darüber besonders enttäuscht, da hier jede Begründung fehle, so  Strotmeier. Der Sanierungsbeitrag habe „sehr stark mit Willkür zu tun.“

Krankenhäuser finanziell gedeckelt

Seit zehn Jahren lebten die Krankenhäuser mit finanzieller Deckelung, so  Strotmeier. Sie hätten vielerlei Sparmaßnahmen umgesetzt. So reicht der Einkaufsverbund, dem sich auch das St. Josefs-Stift angeschlossen hat, bis nach Berlin. Das System der Fallpauschalen werde von außen vorgegeben und folge der Logik des Landes-Budgets, nicht der Leistung eines Krankenhauses. Im Kreis Warendorf gebe es keine kommunalen Träger, sondern private, meist konfessionelle, die im Vergleich sehr gut und effizient arbeiten würden, sagte Klaus Schoch vom Diözesan-Caritasverband. Generalproblem der Krankenhäuser: Man redet nicht von ihrer Lage. Dieser Eindruck zog sich durch alle Stellungnahmen der Geschäftsführer und Strotmeier betonte es gleich zum Einstieg. Paziorek pflichtete ihm bei.

Gesundheitsreform: Kein Platz für Krankenhäuser

In der Gesundheitsreform, so Schoch, scheine der Krankenhaus-Bereich nicht vorzukommen. Kreisdirektor Dr. Heinz Börger, als Vertreter für den Landrat Dr. Olaf Gericke gekommen, äußerte „ganz große Sorge“. Er begrüßte die Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Versorgung, sah aber zu Lasten des ländlichen Raumes einen ruinösen Wettbewerb ausgelöst. Der werde auch zum Schließen von Abteilungen führen und das ortsnahe Angebot gefährden.
Paziorek brachte aus Berlin eine Neuigkeit vom Vorabend mit, die gewisse Änderungen bringt. Hövelmann rechnete jedoch gleich vor, dass diese Erleichterung sich in Luft auflöse, wenn man die gesenkte Mindererlös-Quote gegenrechne. So blieb für die Krankenhaus-Vertreter als einziger Pluspunkt die Anschubfinanzierung für hochspezialisierte Leistungen.

Krankenhäuser müssen weitere Belastungen tragen

Nach Strotmeiers Berechnung müsste auch nach der kleinen Änderung vom Vorabend das St. Josefs-Stift noch einmal fünf Prozent seines Budgets einsparen. Die Krankenhäuser hätten vielerlei Belastungen zu tragen, auch den Anstieg der Mehrwertsteuer, betonte Joachim Stapper-Müer, Geschäftsführer von St. Franziskus in Ahlen und St. Elisabeth in Beckum. Wo Paziorek im europäischen Vergleich Deutschland mit recht hoher Bettenzahl einordnete, verwies Schoch darauf, dass außer Spanien und Kanada kein Land pro Kopf weniger für Krankenhäuser ausgebe. Die Änderungen gingen zu Lasten der Ärzte und Pfleger am Krankenbett und damit der Patienten, meinte Dr. Stefan Pantenburg, Geschäftsführer des Marienhospitals in Oelde. Er sei erbost über den geplanten Sanierungsbeitrag. Es gehe dann mehr um Leber und Blinddarm als um den ganzen Menschen. Die Pflegekräfte erlebten „eine unglaubliche Verdichtung der Arbeit“. Das bestätigte Detlev Roggenkemper, Pflegedirektor im Stift, im Beisein des Mitarbeitervertreters Walter Rudde. Es werde mehr Leistung in weniger Zeit verlangt.
Paziorek verwies auf den Sanierungsbedarf von acht Milliarden Euro bei den gesetzlichen Krankenkassen für das nächste Jahr. Man müsse die Bettenzahl reduzieren, ohne die Leistungen zu kürzen.
Watermann-Krass erinnerte an die Probleme einiger hunderttausend Menschen, die ganz ohne Krankenversicherung dastehen. Zu denken sei auch an die Vorbeugung. Die Meinungsunterschiede in der Großen Koalition unterstrich ihre Forderung, mit der „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ von gesetzlicher und privater Krankenversicherung Schluss zu machen.
Stapper-Müer und Strotmeier befürworteten eine Eigenbeteiligung der Patienten. Paziorek versprach, die Anregungen nach Berlin mitzunehmen. Aber die Weichen seien im Wesentlichen gestellt.
Die Grundprobleme sind noch nicht in Angriff genommen, meinten mehrere. Weder sei es gelungen, Lohnentwicklung und Krankenkosten zu entkoppeln, was Paziorek bedauerte, noch habe man dem demographischen Trend Rechnung getragen. So stehe die Diskussion schon bald bei der Pflegeversicherung ins Haus.

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