Kapellen-Bauverein lädt ein zum Betrachten gegensätzlicher Modelle

Zuletzt aktualisiert 23. Dezember 2015 (zuerst 2. Juni 2009).

Münster-Wolbeck. Verschieben wir die Entscheidung – so lautete der mit knapper Mehrheit gefällte Entscheid der Mitglieder des Kapellenbauvereins St. Antonius-Kapelle Wolbeck e.V. am Pfingstmontag. Ein Konsens für ein Konzept ist unsicher.

Zwei gegensätzliche Architekten-Entwürfe für den Bau

Zuvor hatten sich die Mitglieder nach einer schnellen reibungslosen Mitgliederversammlung zweieinhalb Stunden lang die beiden Entwürfe zweier Architekten vorstellen lassen, die Ansicht des Vorsitzenden der Kunstkommission der Diözese Münster, Thomas Frings, gehört, die Nasen in Grundrisse und maßstabsgetreue Modelle der Bau-Entwürfe in ihrer Umgebung an der Münsterstraße gesteckt. Und viel diskutiert über den „historisierenden“, sich an historische Vorbilder anlehnenden Entwurf und über den freien, „modernen“.

{xtypo_quote_right}„Es ist ja kein Mensch hier!“{/xtypo_quote_right}

Beide Modelle fanden beredte Befürworter unter den 30 Anwesenden. Der Verein hat knapp 50 Mitglieder. Was in der Bevölkerung Anklang findet, bleibt unbekannt, auch wenn beide Lager Behauptungen aufstellten. Pfarrer Franz Westerkamp   erinnerte daran, dass man die Kapellenicht nur für den Verein bauen wolle, sondern „für ganz Wolbeck“. Und man solle auch daran denken, wie sich der Bau den in zwanzig Jahren Lebenden darstelle. Ein Mitglied verwies auf eine schwache Beteiligung – „Es ist ja kein Mensch hier!“ – und darauf, dass viele Wolbecker eine solche Kapelle für überflüssig hielten.

Historisierend oder modern?

Probleme gab es schon vor dem Auftauchen des modernen,  für viele unerwarteten Modells einer Kapelle. Anfänglich ging es nur um zwei historische, wenngleich nur ungenau überlieferte Vorbilder aus dem 16. und 18. Jahrhundert. Schon dort gingen die Meinungen auseinander. Das hatte auch Wilhelm Runtenberg, Vorsitzender des Vereins, festgestellt, in dessen Geschäft die Bilder aushingen: „Zehn Wolbecker, zehn Meinungen“, resümierte er. So hatte auch der Vorstand sich die Köpfe heiß geredet und noch nach 465 Tagen und zwölf Sitzungen keine gemeinsame Linie gefunden.

Entwürfe von Architekten eingeholt

Aber der Vorstand holte bis Ende 2008 von weiteren Architekten kostenlos Kapellen-Entwürfe ein.  Entscheidungsbefugt ist der Vorstand auch allein, so Runtenberg, beschloss aber, zwei Entwürfe den Mitgliedern zur Entscheidung zu präsentieren.
Der historisierende Entwurf stammt von Professor Ludger Brands, einem Potsdamer Architekten mit münsterischen Wurzeln. Er wahrt die Grundform der Vorbilder, darunter das Spitzdach, die Antonius-Figur im Giebel (sie fehlt allerdings im Entwurf völlig), das kleine Kreuz auf dem Dach und das Glockentürmchen. Ganz anders das Konzept des Architekten Thomas Hartmann aus Münster. Wer von der Dorfmitte kommt, sieht auf der Backstein-Wand des zehn Meter breiten kastenförmigen Gebäudes ein unübersehbares Kreuz, sieben Meter hoch.

Innen steht die Antonius-Figur hinter einem kleinen, mobilen Altar, in einer Wandnische können Kerzen brennen. Betende finden im geschützten hinteren Teil Ruhe.

Richtungsstreit um Zeichen

Mit dem modernen Konzept ist seit Montag ein ganz andersartiges, für viele unerwartetes, Modell einer Kapelle im Gespräch. „Sacken lassen!“ riet der Pfarrer nach einer kontroversen Debatte mit reger Teilnahme und befürwortete die Vertagung: „Betrachten Sie es von allen Seiten“. Die Linien der Lager sind überraschend – sie hängen nicht vom Alter ab und nicht von der Nähe zum Standort.

Einige Fragen der Debatte: Soll man sich an die Kapelle „gewöhnen“ können – oder ist das Historisierende zu „gewöhnlich“ angesichts von 100 Antonius-Kapellen in Deutschland? Will man sich mit altem „wohlfühlen“ oder mit dem Auffälligen auf durchaus unbequeme Glaubensinhalte aufmerksam machen? Welcher Entwurf kann Relikte der alten Kapelle aufnehmen – wenn man das will? Stellt der Bezug auf das Historische endlich etwas von dem wieder her, was andernorts abgerissen wurde? Oder ist es viel eher im Sinne der Tradition, wie frühere Wolbecker Kapellenbauer auch im Stil der eigenen  Zeit zu bauen?
Frings, Pfarrer und Kunsthistoriker, befürwortete den modernen Entwurf: „Wenn ich historisiere, welche Zeichen setze ich?“, fragte er, und „Schenken Sie Ihrem Kind zum 18. Geburtstag ein Auto oder eine Kutsche?“ Der moderne Entwurf setze „ein großes Zeichen“: so sei die Kapelle ein Glaubenszeichen für „etwas absolut Widerspenstiges; sie fügt sich nicht ein, sie ist nicht gefällig“. Sie passe „zum Inhalt dessen, was wir glauben“.
Der nächste Anlauf findet nun am 24. Juni um 19 Uhr statt. Wie auch immer der Entscheid ausfällt, der Vorstand bleibe: Darauf habe man sich im Vorstand geeinigt, sagte Runtenberg am Dienstag.
Sehen kann man die Entwürfe und Modelle beim Vereinsvorsitzenden am Grenkuhlenweg 10.
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