Joja Wendt zeigt in Hiltrups Stadthalle Herz und Können an 88 Tasten

Münster-Hiltrup. Schnell schloss das Publikum in Hiltrups Stadthalle den Gast aus Hamburg in sein Herz: Joja Wendt ließ sein Programm "Mit 88 Tasten um die Welt" hören und sehen.

Viel Zeit nimmt sich der unberechenbare Routinier für das Publikum, das er schnell zu seinem macht. Zwei zu spät kommende Everswinkler bugsiert er spontan auf ihren Platz in der ersten Reihe – "wie peinlich!" -, doch alles, alles mit Liebe und viel Humor. Für den Fotografen eines obskuren "Osthiltruper Generalanzeigers" posiert er gar. Wieder eine Gelegenheit zum gemeinsamen Lachen mit den reaktionsschnellen Gästen. Das kann an diesem Abend nicht anders, als "intelligent, musikalisch und distinguiert" zu sein, denn so ist es, Wendt hat es gleich gesehen und mehrfach gesagt. Der "Multi-Kulti-Haufen", so Wendt, in der nicht ganz vollen, akustisch guten Stadthalle kommt teils aus der Ferne, vom Tegernsee und aus Erfurt, auch aus Reken.
Intelligent ist es, denn wenn der smarte Pianist kokett die unspielbare Schwierigkeit des nächsten Stückes betont, dass "selten ein Pianist …", "aber heute abend … " dann setzt verzögerungsfrei das Lachen ein: Die Dinstinguierten haben ihn durchschaut.
Und sie wirken mit: "Frank" etwa nicht nur als Jacket-Halter, auch mit fehlerfreiem Nachsingen: "Wuddeldidatten dong dong, Wuddeldidatten peng peng". Renate, die Klingel in der Hand, kitzelt mit Treffern und Verspätungen aus Wendt "Ja!" Und "Neeiin!" heraus.
Da hat Wendt seine Gäste schon in Irland und der Südsee verwöhnt und mit dem pneumatisch gelagerten Steinway-Flügel die Wogen des Atlantik nachfühlen lassen, in klassisch einsetzenden Ouvertüre die Hörer in die Applaus-Falle gelockt und sein spitzbübisches Lächeln zelebriert. Wie flink seine Finger sind, wenn er nicht gerade mit Fäusten spielt oder mit der Nase, zeigt eine Video-Leinwand.
Jazz-Fans beglückt der studierte Musiker mit Brubecks "Take Five" mit Joja-Einschlag, Hummelflug-Freunde mit einem phasenweise originalen Nikolai Rimsky-Korsakov. Rachmaninoff fehlt im anspruchsvollen Flügelspiel ebenso wenig wie  ein "Tiger Rap".
So gehen in der Pause nicht nur Wendts CDs gut weg, auch die Noten finden Anklang bei einigen Nachwuchs-Pianisten.
Am Sonntagabend verlieht Wendt seiner Tournee in der Hiltruper Stadthalle ein fulminant unterhaltendes und virtuoses Ende. Ganz zu Anfang seiner Karriere, verriet er, ist er mal im "Rusticus" aufgetreten, einer Wolbecker Gaststätte: "Sonst wäre ich heute nicht hier." Und so habe Münster seinen festen Platz in der Musikgeschichte.

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