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Jesuiten begründeten Theater in Münster

Der Orden der Jesuiten in Münster hat durch Theateraufführungen der Schüler des Gymnasiums Paulinum indirekt das Theater der Stadt mitbegründet. Das stellt eine aktuelle Doktorarbeit über das Theater der Jesuiten zwischen 1588 und 1773 heraus. Die Verfasserin Dr. Sieglind Stork analysierte für ihre Arbeit den Bestand der Periochen in der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) Münster. Die kleinen Heftchen, die damals zu jeder Theateraufführung des Paulinums veröffentlicht wurden, erläuterten jeweils den Inhalt der Stücke.

Die Dissertation deckt zahlreiche Aspekte des Theaterspiels der Jesuiten auf und schließt so eine Lücke im Wissen um das Wirken des wohl bedeutendsten Ordens der frühen Neuzeit.

„Die Jesuiten begründeten das Theater in Münster“, betont Prof. Dr. Christel Meier-Staubach, Philologin und Betreuerin der Dissertation. Sieglind Storks Arbeit belege, dass die Schüler, die in den Theaterstücken auftraten, später Fördermitglieder des neu gegründeten öffentlichen Theaters in Münster wurden, wie aus alten Verzeichnissen ersichtlich ist.

Zum Hintergrund: Sieglind Storck analysierte den Bestand der Periochen in der ULB Münster, deren Gründung auf die Büchersammlung des von den Jesuiten vor 475 Jahren übernommenen Gymnasiums Paulinum zurückgeht. Ergänzend berücksichtigt wurden Exemplare aus anderen für das Wirken der Jesuiten bedeutenden Städten wie Hildesheim, Trier, Koblenz oder Mainz. Die Arbeit berücksichtigt somit Informationen über insgesamt 198 Theaterstücken. Handschriftliche Ergänzungen und Illustrationen gaben dabei ebenso Aufschluss über den Inhalt und Art der Aufführungen wie Besetzungslisten mit den ausnahmslos männlichen Schauspielern.

Nur zwei der aufgeführten Stücke sind, soweit bekannt, im Volltext überliefert. Sie wurden im Rahmen der Publikation der Arbeit zum ersten Mal ediert und vom klassischen Philologen Christian Peters übersetzt.

Der so auch für eine breite Leserschaft mögliche Blick auf den Inhalt der Darbietungen verdeutlicht, dass das Jesuitentheater nicht allein der Bildung der Schüler und der Unterhaltung der Zuschauer diente. Für den Orden war es ein Mittel der Gegenreformation im damals evangelisch geprägten Münster. Glaubt man den Überlieferungen und Darstellungen der Zeit, so verfehlte das Jesuitentheater diesen Zweck nicht. Immer wieder wurde über Spontan-Taufen nach dem Besuch der Aufführungen berichtet. Sogar ein holländischer Gesandter bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden soll nach einem Theaterbesuch bekehrt worden sein.

Mit ihrer Dissertation erfüllte sich die Verfasserin der Doktorarbeit selbst ihren „Abiturtraum“. Nach einem juristischen Staatsexamen sowie einem Magisterabschluss in Slawistik widmete sie sich vier Jahre lang der Forschung über das Jesuitentheater in Münster.

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