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„Ich will aber gerade vom Leben singen“

"Ich will aber gerade vom Leben singen" 1

Münster-Wolbeck (agh). Endlich wieder kulturelles Leben für Wolbeck im Gartenbauzentrum – darüber konnten sich am Mittwochabend nicht nur die Gäste des AWO-Ortsvereins Wolbeck gleich doppelt freuen.
Was die 1884 geborene Clara Wortmann, besser bekannt als Künstlerin Claire Waldoff, bewegte und sie in frische, freche und direkte Chansons ihrer Texter goss, dass wirkte immer noch völlig unverstaubt, frisch. 21 Nummern hat die Künstlerin Sigrid Grajek aus Waldoffs Repertoire ausgewählt, dessen Texte hauptsächlich Männer schrieben, von Walter Kollo bis Kurt Tucholsky.
Im grauen Anzug, mit Krawatte und kurzen Haaren erobert Grajek die Bühne (gestellt vom Verein KulturVorOrt Wolbeck) der Aula des Gartenbauzentrums, gerade so wie Waldoff zu ihrer Zeit auftrat, im Kaiserreich, der Weimarer Republik und dem „III. Reich“, und den Zorn des Zensors auf sich zog.

Revival einer bemerkenswerten Künstlerin: Sigrid Grajek lässt „Claire Waldoff“ wieder aufleben. Foto: A. Hasenkamp, Fotograf in Münster.

Sie besingt „Mein Justav“ und ihr Schicksal „Wejen Emil seine unanständje Lust“, das reißt den Saal mit. Auch mit Friedrich Hollaenders „Oh, wie praktisch“ trifft sie den Nerv des aufgeschlossenen Publikums. Die Intensität von Grajeks Gestik, Mimik und Gesang zeigt sich auch gleich nach der Pause: Mit „Hermann heeßt er“ bringt sie den Saal im Nu wieder auf 180. Snobismus spießte „Familie Gänseklein“ auf, Männerdominanz „Raus mit den Männern aus dem Reichstag“.
Waldoffs Lebenswandel inszenierte Grajek geschickt als deren Geist, der aus dem Jenseits erläutert.
60 Jahre nach Waldoffs Tod zog Sigrid Grajek die 150 Gäste schnell in ihren Bann, kongenial am E-Piano begleitet von Stefanie Rediske.
Wer einmal nach Berlin flieg, kann Waldoffs Bronze-Büste vor dem Friedrichstadtpalast sehen.
Für den Veranstalter, den AWO-Ortsverein Wolbeck, war der gute Besuch auch eine Erleichterung – so große Kulturveranstaltungen dieser Art sind selten in Wolbeck. Ein Erfolg war es auch, ausnahmsweise den Saal des Gartenbauzentrums nutzen zu dürfen. Das Entgegenkommen der Landwirtschaftskammer werde aber „wohl eine Ausnahme bleiben“, so Marlene Benter-Camen vom AWO-Ortsverein Wolbeck.

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