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Haus Lütkenbeck und die von Merveldts – Franz Pius von Merveldt begleitete Wolbecker in seine Jugen

Nein, richtig was angestellt hat er nicht, der Franz Pius Graf von Merveldt, als er 1946 bis 1972 mit seinen Eltern, Bruder und Schwester  auf Haus Lütkenbeck wohnte, beim Droste zu Vischering. Auch wenn das Milchholen bei Hülsmanns, im anderen Flügel der Gebäude, mitunter lange dauerte. Dort gab es schon einen Fernseher.

Zumindest kann sich Annette Hülsmann an diesem etwas schwülen Juni-Freitag keiner größeren Missetat entsinnen. Sie hat die ganze Zeit dort gelebt mit ihrem Mann und Landwirtschaft betrieben. Nun ist er in Rente und die Kühe und die zwei Pferde sind bald Vergangenheit. Sie spürt heranziehenden Regen und geht, die Pferde zu versorgen.
Als die von Franz Pius von Merveldt geleitete Besuchergruppe der Ortsunion Wolbeck per Fahrrad eintrifft und der Graf zu seiner Einführung anhebt, sitzt sie längst vor dem Haus. Für eine kurze Pause – Landwirtschaft.
Einigen aus der Gruppe ist Haus Lütkenbeck bestens vertraut, zwei kennen es garnicht. Schon 1284 wird Lütkenbeck als Sitz erwähnt. Im 18. Jahrhundert brennt das gerade fertige Wasserschloss aus, von dem nur noch die symmetisch angeordneten Gebäude der Vorburg stehen. Die achteckigen Türme an den Enden der hufeisenförmig angeordneten Gebäude beiderseits der Zufahrt entstanden als Kapelle und Gerichtshaus.
„Noch heute kann man hier das Schlagen der Nachtigallen hören“, sagt Graf Merveldt. Zum ländlichen Idyll des Barock-Juwels gehörte auch Einfachheit; das Plumpsklo blieb dem Grafen in Erinnerung. Aus dem Barock-Gebäude ging es für die Kinder zur Volksschule am Hansaring.
Der Krieg kam auch nach Lütkenbeck, denn die Loddenheide wurde militärisch genutzt. Viele Bomben fielen, die landwirtschaftlichen Gebäude wurden stark zerstört, Am 5. März 1945 kostete ein Bombenangriff den Pächter das Leben, als er vom Feld in den Gefängnisturm flüchtete.
Später kletterten die Kinder in den einsturzgefährdeten Ruinen herum, entgegen mütterlichen Ermahnungen. Auch Franz Pius.
Lütkenbeck hatte eine eigene Gerichtsbarkeit und einen eigenen Galgen, wie von Merveldt mit spürbarem Schaudern erzählt.
Auch Friedrich Leopold Reichsgraf zu Stolberg wohnte einst hier und pflegte Kontakte zum Kreis der Gräfin Gallitzin in Angelmodde, zu Goethe und zu Schiller.
Ein Zweig der Familie Merveldt hatte sich in den vierziger Jahren in Lütkenbeck eingemietet, denn im Drostenhof zu Münster-Wolbeck wohnte schon ein anderer Zweig – zu eng wollte man auch in Adelskreisen nicht aufeinanderhocken.
In den schönen, aufwändig mit Ziegelsteinen gemauerten und mit sorgfältig gearbeitetem Holz-Spitzdach versehenen offenen Gängen schützen sich die Besucher in den nord-östlichen Arkaden vor dem milden Regen, während Graf Merveldt von Glanzlichtern berichtet. 1972 fand eine Viererzug-Weltmeisterschaft auf Lütkenbeck statt, hunderte von Pferden und Reitern kamen. In diesem Jahr zog die Familie in den Wolbecker Drostenhof.
Gut gepflegt, aber unauffällig und ohne kommerziellen Besucherverkehr liegen die privat genutzten Gebäude, von Eichen umgeben. Liselotte Folkerts hat „Haus Lütkenbeck“ ein Buch gewidmet.
Die schmucke Kapelle mit ihren harten Bänken wird für Gottesdienste und Konzerte genutzt. Am 10. Juli lässt dort das Ensemble Tokio-Barock französische Lautenmusik erklingen.
Den Weihwasser-Kessel der Kapelle hat die Mutter von Graf Merveldt oft  geputzt, die sich als Mesmerin betätigte, sagt der Graf. Er selbst diente dort 1949 zum ersten Mal als Messdiener.
Als die Gruppe weiterradelt, hat der Regen am Barock-Juwel im Osten der Stadt Münster klare Luft geschaffen.

Bilder
Bild 1435 – Gruppe Kapelle
Hier in der Kapelle von Haus Lütkenbeck wirkte Franz Pius Graf von Merveldt (2. v. l.) als Messdiener.

Bild 1427:
Beschaulich bieten sich die Vorgebäude des einstigen Wasserschlosses dem Besucher von Haus Lütkenbeck inmitten von Eichen dar.

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