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Gedenken an Pogrom des Jahres 1938 in Wolbeck

Schüler lasen Kurzbiografien des Ehepaars Hoffmann

Münster-Wolbeck (agh). Das Gedenken an die Ausschreitungen gegen Juden und jüdisches Eigentum in Wolbeck im November 1938 war am Mittwoch etwas besser besucht als im Vorjahr.
Vereine und Parteien sowie die Kirchen waren angeschrieben worden von den lokalen Organisatoren, dem Ehepaar Ulrike und Kurt Pölling. Insgesamt stellt sich die Veranstaltung eher als Angelegenheit von älteren Erwachsenen dar.
In Münster beteiligen sich 16 Schulen in verschiedenen Formen an dem Gedenken, so Peter Schilling vom Verein „Spuren finden“. In Wolbeck hat Peter Sauvigny, Geschichts- und Klassenlehrer einer 8ten Klasse, das Thema aufgenommen. Es habe zwar nicht in den Lehrplan gepasst, aber er realisierte mit der Klasse eine Doppelstunde zur Vorbereitung und einen Gang zur Säuberung der „Stolpersteine“ der Familie Hoffmann in der Hofstraße. Zwei der Schüler lasen zudem beim Gedenken am Mittwoch in der Christuskirche kurze Biografien von Martha und Salomon Hoffmann und am ehemaligen Friedhof am Helmut-Pins-Weg die Namen der Wolbecker Juden. Die Biografien sind zugänglich über eine App der Villa ten Hompel. Teilnehmer platzierten Kerzen vor der Stele. Von den Grabsteinen ist nichts geblieben, merkte Schiling an. Das war auch Susan Brenner aus Kalifornien, Enkelin der beiden, bei ihrem Besuch in Wolbeck im September aufgefallen. Beide Großeltern wurden von den Nationalsozialisten ermordet; ihre vier Söhne entkamen.

Synagoge – Schändung und Abriss

Die spurlos verschwundene Synagoge rief Ulrike Pölling in der Wallstraße ins Gedächtnis, wo eine Tafel an sie erinnert. Die Synagoge wurde dort 1824 erbaut, als kleines Fachwerkhaus mit Spitzen Dach und einem steinernen Giebel in Stufen vor. Zuvor hatten die Wolbecker Juden in einer Beatstube in einem Privathaus gebetet. Zu einer ersten Verwüstung kam es im Frühjahr 1938: „Wolbecker NSDAP Mitglieder zerschlugen die Scheiben, warfen die Thorarollen und Gebetbücher auf die Straße, verunreinigten die Synagoge und errichtete mit Bildern aus der Synagoge, Gebetsmänteln und brennenden Kerzen einen „Altar“ in einer Straßennische an der Hofstraße.“ Keine Zeitung habe darüber berichtet. Auf die empörte Reaktion einiger Wolbecker Bürger führte die Gestapo Untersuchungen durch. Es kann aber zu keiner Anklage. Zur Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 sind die Aussagen widersprüchlich. Die Synagoge wurde von Wolbeck an größtenteils zerstört. Nachbarn sollen verhindert haben, dass die Synagoge in Brand gesteckt wurde. Die Feuerwehr war vor Ort, aber im Protokoll fehlen diese Seiten. Am nächsten Tag zog eine mit dem Zug angereiste Gruppe uniformierte zu Synagoge, begleitet von Wolbecker Jugendlichen, und zerstörte die Synagoge vollständig, heißt es weiter im Text von Pölling. 1938 kaufte Heinrich Möllers das Grundstück der Synagoge. 1941 wurde die Ruine der Synagoge abgerissen. Mehr als ein halbes Jahrhundert dauerte es bis an dieser Stelle eine Gedenktafel daran erinnerte, wo früher die Synagoge gestanden hat.


Für die Schüler sei die Zeit und das Erinnern an den Nationalsozialismus schon weit weg, so Sauvigny. Die Aktion in diesem Jahr sei eine „Sensibilisierung“ gewesen. Er denkt über weitere Möglichkeiten nach, mehr Schüler einzubeziehen in das Gedenken.

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