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Für eine breite, selbstorganisierte, unabhängige Betroffenenbeteiligung im Bistum Münster

06.01.2021, 13:13 Uhr, Bistum Münster

Die Selbsthilfegruppen für Betroffene sexuellen Missbrauchs in Rhede und Münster haben am 5. Januar in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass sie die Zusammenarbeit mit dem Bistum Münster aufkündigen. Das Bistum Münster bedauert diese Entscheidung. Hintergrund der Aufkündigung der Zusammenarbeit ist die Frage, wie Betroffene ihre Interessen und Perspektiven bei der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Münster einbringen können.

Peter Frings, Interventionsbeauftragter des Bistums Münster.© Bischöfliche Pressestelle/Ann-Christin Ladermann

Hierzu erklärt der Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, Peter Frings:

„Das Bistum Münster ist dankbar für das Engagement der Selbsthilfegruppen in Rhede und Münster. Wenn Betroffene bereit sind, in die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs ihre Interessen einzubringen, ist das für die Aufarbeitung sehr hilfreich. Das muss in völliger Selbstbestimmtheit und Unabhängigkeit vom Bistum erfolgen. 
Die Deutsche Bischofskonferenz und der Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, haben sich darauf verständigt und vertraglich vereinbart, dass Betroffene in die Prozesse zur Aufarbeitung ihre Interessen und Perspektiven einbringen sollen. Hierzu ist das Bistum Münster verpflichtet und das ist dem Bistum Münster jenseits jeder Verpflichtung auch selbst ein wichtiges Anliegen. Das Bistum Münster setzt dabei anders als andere Diözesen bewusst nicht auf das Instrument eines sogenannten, von dem jeweiligen Bistum eingerichteten, Betroffenenbeirats. Aus den Gesprächen mit den Vertretern der Selbsthilfegruppen in Rhede und Münster ist die Erkenntnis gewachsen, dass es für Betroffene etwa eine Zumutung ist, sich um den Sitz in einem solchen Gremium formal bewerben zu müssen. Diesen Hinweis haben wir ernst genommen und möchten ihn umsetzen. Wir möchten eine breite, selbstorganisierte, vom Bistum unabhängige Betroffenenbeteiligung.
Unterschiedliche Auffassungen gibt es über das Verfahren, wie das erreicht werden kann. Unsere Überlegung ist die, öffentlich über die Medien alle Betroffenen einzuladen, wenn sie das möchten, sich in die Aufarbeitung einzubringen. Die öffentliche Ausschreibung wurde zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und Johannes-Wilhelm Rörig, dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), verbindlich festgelegt. Die Idee, dass das Bistum Münster alle ihm bekannten Betroffenen direkt anschreibt, ist dabei eine Möglichkeit, führt aber in ein folgenreiches Dilemma: Es gibt Betroffene, die keine Post vom Bistum erhalten wollen und jeden Kontakt mit der Kirche ablehnen. Wir können diesen Wunsch nicht einfach übergehen. Trotzdem möchten wir diese Betroffenen und deren legitime Perspektive nicht im Vorhinein ausschließen. Genau das haben auch die Vertreter der Selbsthilfegruppen immer wieder in Gesprächen betont.
Kern der Überlegungen des Bistums Münster ist, dass sich die Betroffenen völlig unabhängig vom Bistum organisieren sollen. Das Bistum macht hier keinerlei Vorgaben. Das Bistum hat auch nie geäußert, dass ein Betroffenenbeirat gebildet werden muss. Das Bistum bietet den Betroffenen, wenn sie das möchten, organisatorische und finanzielle Unterstützung an. So kann vielleicht besser sichergestellt werden, dass alle die Betroffenen, die sich mit ihren Interessen einbringen möchten, dazu auch die Möglichkeit erhalten. Das Angebot einer Übernahme von Fahrt- und/oder Übernachtungskosten gehört in diesem Sinne ebenso dazu wie die Übernahme der Kosten etwa für Tagungsräumlichkeiten oder auch externe Moderationen. Das alles ist aber nur ein Angebot. Betroffene können und sollen selbst entscheiden, ob sie das annehmen oder nicht.

Die Selbsthilfegruppen in Rhede und Münster vertreten ihre Interessen und Perspektiven. Andere Betroffene unterstützen den vom Bistum Münster eingeschlagenen Weg und haben sich aus eigenem Antrieb bereits im letzten Jahr beim Bistum Münster gemeldet und sich offen dafür gezeigt, ihre Interessen in die Aufarbeitung einzubringen. 

Wir wollten im Bistum Münster die Betroffenenbeteiligung noch im vergangenen Jahr auf den Weg bringen und damit das umsetzen, was wir bereits im November öffentlich angekündigt hatten. Nicht zuletzt aufgrund der Einwände der beiden Selbsthilfegruppen haben wir uns dann aber entschieden, das erst in diesem Jahr anzugehen. Wir möchten, wenn möglich, noch im Januar mit Betroffenen überlegen, wie die öffentliche Bekanntmachung unter den genannten Zielsetzungen möglichst wirksam umgesetzt werden kann. Wir sind dankbar, wenn weitere Betroffene hier ihre Perspektiven und Interessen einbringen. Das Angebot zur Zusammenarbeit an die beiden Selbsthilfegruppen bleibt bestehen.“ 

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