Die Frau des Pilatus: Aus einem Satz ein Theaterstück

Die Frau des Pilatus: Aus einem Satz ein Theaterstück
Aufführung von Claudia Procula in St. Stephanus in Münster. Foto: A. Hasenkamp, Fotograf in Münster.

Zuletzt aktualisiert 1. April 2018 (zuerst 24. März 2018).

Münster (agh). Nur einen Satz enthält die Bibel dazu, ein ganzes Theaterstück entstand dennoch. Am Samstagabend sahen die Besucher von St. Stephanus „Claudia Procula – die Frau des Pilatus“, aufgeführt vom Ensemble Theatrum.

Seherin der Isis warnt Pilatus

Ihren Mann hat Claudia gewarnt, er, Statthalter Roms in Jerusalem, laufe Gefahr, einen Unschuldigen zu verurteilen. Mehr sagt die Bibel nicht zu der namenlosen Frau, im Evangelium nach Matthäus. Das Stück erfindet den Weg zur Warnung und die Folgen. Es zeigt Claudia als Verehrerin der altägyptischen Göttin Isis, als Seherin, die ihren scheinbar mächtigen Mann umzustimmen sucht und nimmt dem Geschehen etwas von der Unbedingtheit, dem Alternativlosen. Wäre es anders weitergegangen mit dem friedlichen Jesus, der kein König sein will? Und mit seiner Religion? Solche Fragen sät die Haupt-Autorin Friederike von Krosigk. Mystik ist eingearbeitet in die poetische Annäherung, Bibelstellen, auch Rilke, dazu der zeitgenössische Kontext von Götter-Pantheon und jüdischem Monotheismus – mitunter wird das viel, manchmal zu viel des zu Deutenden.

Seine Frau und Pilatus

Pilatus ist die bekannte, fesselnde Figur. Das Stück zeigt sein Leiden vor und nach seiner Entscheidung; aber im Stück wird auch ihm die frohe Botschaft zuteil, er wird entlastet.
Das Bühnenbild von Nikoline F. Kruse ist sehenswert, ein kluges Element der Inszenierung, denn es stützt das Verständnis im nicht immer einfachen Geschehen der poetischen Schilderung des Ausgedachten. Nichts wird am Bühnenbild umgebaut, und doch ändert es sich: Nur durch anders gesetztes Licht erscheinen an den „Säulen“ Bilder wie ein Kreuz, das Antlitz mit der Dornenkrone – der Schriftzug: „Er ist unschuldig“ erscheint hinter dem geplagten Pilatus, der bald seine Akten vom Tisch stoßen wird.

Ensemble Theatrum überzeugt mit klarem Spiel

Auch die Darsteller wechseln mit minimalem Aufwand und doch klar erkennbar ihre Rolle: Sie werden zum Volk, das den vermeintlichen König begafft, bejubelt, doch schnell in Frage stellt und verlässt. Souverän, fein und auch sprecherisch gekonnt spielten Friederike (Claudia, Frau des Pilatus) und Hubert von Krosigk (Jesus), Thomas Zieler (Pilatus) und Hannah Vongries (Priesterin Isis und Schwägerin Claudias).
Die Gemeinde kennt das Ensemble Theatrum aus Hohenerxleben in Sachsen-Anhalt schon seit 2004, erinnert sich Pfarrer Thomas Laufmöller, der damals erst kurz in St. Stephanus war. Nun waren wie etwa zum achten Mal hier. Elisabeth Bethge hatte das Ensemble kennengelernt und die Initiative ergriffen.
Immer hätten, so Laufmöller, die Aufführungen ihn berührt. Das traf am Samstag anscheinend auch für das Publikum zu, das nach dem letzten Akt einen langen Moment der Stille mittrug – vor kräftigem Applaus für „Claudia Procula – die Frau des Pilatus“.

Lesenswerte Kritik von Ulrich Meinhard

Ein weiterer Bericht über das Teaterstück, die Aufführung in Sonsbeck

Video mit Nicole F. Kruse