Fragwürdiger Bauvertrag: Gericht benennt Verstöße gegen Bauvertragsrecht

Berlin. Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hat mit seinem Urteil vom 28.10.2020 (29 U 146/19)[1]  insgesamt 18 Klauseln eines vorformulierten Bauvertrags des Bauunternehmens Altstadt Massivhaus GmbH für unwirksam erklärt. Diese seien nicht mit dem seit 2018 geltenden neuen Bauvertragsrecht vereinbar. Der Bauherren-Schutzbund e.V. (BSB) hatte gegen zahlreiche Bedingungen eines Standardvertrags des Unternehmens zur schlüsselfertigen Errichtung eines Wohnhauses Unterlassungsklage erhoben.

Eine der Klauseln sah vor, dass sich

„AG [Auftraggeber] und AN [Auftragnehmer] darüber einig [sind] , dass […] die Baubeschreibung so ausführlich und hinreichend gefasst ist, dass das Bauvorhaben nach den Bestimmungen dieses Vertrages hergestellt werden kann und sie damit auch den Anforderungen gem. § 650j, 650k BGB entspricht.“ 

Diese Klausel beinhaltet, dass Verbraucher auf Schadensersatzansprüche verzichten sollen, wenn die Baubeschreibung Unzulänglichkeiten enthält. Stattdessen sollen sie die Baubeschreibung so akzeptieren, wie sie vorliegt. BSB Geschäftsführer Florian Becker verweist auf die Gefahren, die für Verbraucher lauern, wenn die Baubeschreibung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht: „Die Baubeschreibung ist wesentlicher Bestandteil des Vertrags, der über die Qualität und den Umfang der Bauleistung bestimmt. Nur mit einer vollständigen Baubeschreibung kann der Bauherr den Leistungsumfang, die Bauqualität und den Ausstattungsgrad, der ihm angeboten wird, einschätzen und genau abgleichen, ob die Leistung auf der Baustelle fehlerfrei und vollständig erbracht wird. Bauherren sollten hier keine Kompromisse eingehen und auf die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zum Inhalt einer Baubeschreibung und bei möglichen Schadensersatzansprüchen bestehen.“ Eine aktuelle Analyse des BSB zeigt, dass zwei Drittel der Inhalte von Baubeschreibungen unvollständig und fehlerhaft sind.[2]  In 80 Prozent der Baubeschreibungen sind die Wohnfläche oder Gebäudeabmessungen nicht ausreichend definiert; in 85 Prozent fehlen gar Grundrisse, Schnitte oder Ansichten der geplanten Neubauten. Um zu prüfen, ob der Inhalt vollständig ist, rät der BSB, den Vertrag und die Bauleistungsbeschreibung vor der Unterschrift von einem unabhängigen Sachverständigen prüfen zu lassen.

Eine weitere Klausel lautete:

„§ 650m BGB ist auf diesen Vertrag nicht anwendbar“

Der Paragraf, der nach der Vertragsunterschrift ausgeschlossen werden sollte, legt fest, dass Verbraucher bis zur Abnahme nur 90 Prozent des Gesamtpreises als Abschlagszahlung zahlen müssen. Des Weiteren haben Bauherren einen gesetzlichen Anspruch auf eine Fertigstellungssicherheit in Höhe von fünf Prozent der Bausumme „Durch diese Regelungen haben private Bauherren ein Druckmittel, um Mängel zügig beseitigen zu lassen und bei Zahlungsschwierigkeiten des Unternehmers zusätzliche Kosten ersetzt zu bekommen“, sagt Becker. Viele Verträge beinhalten jedoch Zahlungspläne, bei denen die letzte Rate 5 Prozent oder weniger beträgt – eine Summe, auf die Unternehmen im Zweifel verzichten können. Verbraucher werden somit durch Ausschluss der Klausel klar benachteiligt.

Seit dem 01.01.2018 gilt ein neues Bauvertragsrechts. Da es bislang an höchstrichterlicher Rechtsprechung fehlt, ließ das OLG die Revision zu.

Seit 2004 ist der BSB legitimiert, aktiv gegen rechtswidrige Verträge deutscher Baufirmen vorzugehen. Bis heute hat der Verein mehr als 500 verbraucherfeindliche Klauseln abgemahnt.

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[1]  Zum Urteil: www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE200001740

[2]  Analyse von Baubeschreibungen für Ein- und Zweifamilienhäuser, BSB 2020, www.bsb-ev.de/studien .