Finanzmarktkrise: Verbraucher nicht im Regen stehen lassen

03.11.2008 – Verbraucher müssen ins Zentrum des Krisenmanagements von Bundesregierung und Banken rücken. Das fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) angesichts der aktuellen Krise an den Finanzmärkten. "Jetzt ist Solidarität mit den Zehntausenden von Sparern gefragt. Es kann nicht sein, dass Schutzschirme für die Großen aufgespannt werden und die Kleinen im Regen stehen", erklärt Vorstand Gerd Billen.

So müssten Banken die Besitzer von Lehman-Zertifikaten unbürokratisch entschädigen. Im Falle der isländischen Kaupthing-Bank müsse die Bundesregierung sicherstellen, dass Kunden ihre Einlagen zurückerhalten. Für die Zukunft fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband eine verbrauchergerechte Finanzmarktarchitektur.

Die Lage ist dramatisch. Über 100.000 Bankkunden haben versucht, in den ersten Tagen die kurzfristig vom Bundesverbraucherministerium finanzierte Finanz-Hotline der Verbraucherzentralen zu erreichen. Gerne hätten die Berater allen Anrufern weitergeholfen. Doch wegen der begrenzten Ausstattung blieben viele in der Warteschleife hängen. Der große Ansturm zeigt, wie groß der Bedarf an unabhängiger Beratung ist und wie viele private Sparer von der Finanzkrise betroffen sind. Er steht zugleich im Widerspruch zum Stellenwert, den Verbraucherinteressen bislang im Krisenmanagement der Bundesregierung und der meisten Geldinstitute einnehmen. "Die Banken haben ihre Kunden massenhaft falsch beraten. Sie sind in der Pflicht, hier unbürokratisch Hilfe zu leisten", erklärt Billen.

Um Falschberatungen künftig vorzubeugen, fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband, jetzt endlich die Beweislast umzukehren und die Verjährungsfrist auf zehn Jahre zu verlängern. "Die Banken brauchen Druck, damit in der Beratung mehr Sorgfalt herrscht", so Billen. Von der Bundesregierung fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband, mit Island eine Regelung zu treffen, die eine Rückzahlung von Kaupthing-Einlagen an private Sparer garantiert. Darüber hinaus müsse die europäische Einlagensicherung auf den Prüfstand. "Das System muss grenzüberschreitend funktionieren", so Billen.

Kernsanierung der Finanzmarktarchitektur notwendig

Für die Zukunft fordert der Verbraucherzentrale Bundesverbandes eine grundlegende Neuordnung der Finanzmärkte. "Wir brauchen eine verbrauchergerechte Finanzmarktarchitektur. Ausbesserungen im Bestand reichen nicht mehr, notwendig ist eine Kernsanierung", so Billen. Ein wichtiger Baustein ist dabei die Stärkung der Nachfrageseite. Eine unabhängige Stelle muss die Interessen der Verbraucher gegenüber Politik, Aufsicht und Finanzwirtschaft wahrnehmen. Ihre Aufgabe wäre es, Märkte zu beobachten und zu bewerten, bei Fehlverhalten einzuschreiten und vor Gericht Sanktionen durchzusetzen. Außerdem müssen Bund und Länder die unabhängige Finanzberatung der Verbraucherzentralen auf finanziell solide Füße stellen. "Vertrauen kann nur schaffen, wer Vertrauen genießt", so Billen. "Eine anbieter- und produktunabhängige Beratung hilft, das verlorene Vertrauen der Verbraucher in die Finanzmärkte zurückzugewinnen."