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Berufswahl ist nichts Abstraktes: Pilotprojekt „Potenzialanalyse“ startet in Münster und Warendorf

Münster / Warendorf (SMS) Neue Wege, um junge Menschen an Schulen bei der Berufswahl zu unterstützen, erproben die Stadt Münster und der Kreis Warendorf. Sie starten nach den Sommerferien an je einem Gymnasium und einer Gesamtschule (Kreis Warendorf) sowie an je einer inklusiv arbeitenden Hauptschule, Realschule und Gymnasium (Münster) mit „Potenzialanalysen“. Interessen bewusster machen, Stärken und Neigungen ausloten und diese bis zum Wechsel in die Ausbildung und die Berufswahl weiterentwickeln, das ist das Ziel der Maßnahme, die nicht an kommunalen Grenzen Halt macht. Für drei Jahre wird das Projekt von der Sparkasse Münsterland Ost unterstützt.

Stadt Münster und Kreis Warendorf erproben an Schulen neue Wege in der Berufsorientierung

Berufswahlorientierung genießt in Münster einen hohen Stellenwert. Schulen, Schülerschaft und Eltern erfahren im komplexen Übergangssystem vielfältige Angebote. Frühzeitig möchte die Stadt die Weichen für den Ausbau einer inklusiven Schullandschaft stellen. Dies gilt auch für den Wechsel nach Schulende. Hier setzt das Modell des Amtes für Schule und Weiterbildung an. „Es bietet die große Chance, dass Schülerinnen und Schüler ihre Talente und Kompetenzen entdecken und gezielt weiterentwickeln. Wir wollen jedem einzelnen – dem Schüler mit dem Förderbedarf `Lernen` im Gymnasium wie der leistungsstarken Hauptschülerin – aussichtsreiche Perspektiven eröffnen auf dem Weg in Ausbildung und Beruf“, unterstreicht Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe.

Sparkasse Münsterland Ost fördert

Das Projekt, das individuelles Leistungsvermögen zur Entfaltung bringt, überzeugte auch die Sparkasse Münsterland Ost. Ihr Vorstandsvorsitzender Markus Schabel hält die Förderung für eine sehr gute Investition: „Dass unsere schöne Region gewaltiges Potenzial hat, davon sind wir wohl alle überzeugt. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, diese Potenziale zu heben. Und dazu wollen wir gerne beitragen, denn junge Menschen sind die Zukunft des Münsterlandes.“

Inklusion als Herausforderung und Chance

Mit der Hauptschule Coerde, der Fürstin-von-Gallitzin-Realschule und dem Schillergymnasium wurden drei allgemeinbildende Schulen ausgesucht, die bereits in einer siebten Klasse Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Förderschwerpunkte inklusiv beschulen. Inklusion als Herausforderung und Chance zugleich: In Münster richtet sich das Projekt ausnahmslos an alle 200 Achtklässler der ausgewählten Schulen – jene mit Förderbedarf und jene ohne Handikap.

Berufsorientierung gezielter angehen

Ausdrücklich will die Potenzialanalyse nicht den Wunschberuf herausfiltern. Die Resultate sollen vielmehr motivieren, die Berufsorientierung gezielter anzugehen: Was kann, was will ich erreichen? Wie will ich später leben und arbeiten? Durchgeführt wird der check up für Münster wie für den Kreis Warendorf von externen Bildungseinrichtungen.

Einen Tag lang durchlaufen die 14- bis 15-Jährigen dort im neuen Schuljahr einen Prozess, in dem sie sich und ihre Fähigkeiten besser kennen lernen. Sie schätzen sich ein und bekommen von geschulten Beobachtern Feedback. Eltern und Schule werden in die Förderempfehlungen miteinbezogen. Heranwachsende, die sich ihrer Talente und Stärken bewusst sind, werden schulische Betriebspraktika, Beratungs- und Sozialtrainings mit anderen Augen angehen – Berufswahl ist nichts Abstraktes, sondern hat mit ihren Potenzialen zu tun.

Übergangssystem Schule – Beruf im Kreis Warendorf

Der Kreis Warendorf gehört mit Beginn dieses Jahres zu den ersten Kommunen, die die Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“, eine Reform zum systematischen Übergang von der Schule in die Ausbildung, umsetzen (Münster steigt ab Sommer 2014 ein). Landrat Dr. Olaf Gericke: „Wir wissen, dass die Schulen im Kreis Warendorf im Übergang Schule – Beruf seit Jahren erfolgreich tätig sind und gute Arbeit leisten. Besonders die Hauptschulen haben auch bislang schon eine enge Verzahnung mit der Berufswelt gepflegt. Vor dem Hintergrund der sich rasant ändernden Schullandschaft und dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel hat der Kreistag einstimmig beschlossen, das neue Übergangssystem auch im Kreis Warendorf umzusetzen.“

Insbesondere an Gymnasien konzentriert sich bisher allerdings die Auseinandersetzung mit berufsorientierenden Inhalten in den Klassenstufen 9 und 10 auf nur wenige Stunden. Besonders bei Schülerinnen und Schülern auf dem Weg zum Abitur, die ihre genauen Neigungen (noch) nicht kennen, haben Fehlentscheidungen bei der Wahl von Leistungsfächern oder alternativen Schulformen in der Sekundarstufe II erheblichen Einfluss auf den weiteren Werdegang. Im Ergebnis kann diese Unwissenheit über Interessen und Fähigkeiten in den Abbruch von Studium oder Ausbildung enden.

Berufswahl erleichtern

Potenzialanalysen sind eine große Chance, dass Schülerinnen und Schülern diese Umwege und Sackgassen erspart bleiben. Die an dem Pilotprojekt teilnehmenden Jugendlichen des Kreises Warendorf haben nach dem Landesvorhaben „Kein Abschluss ohne Anschluss“ schon eine Erstdiagnostik in Klasse 8 durchlaufen, bei der die „Selbst- und Fremdwahrnehmung“ im Vordergrund stand. Auf diese Resultate lässt sich eine Jahrgangsstufe später aufbauen – gemeinsam mit den Neuntklässlern kann ihr künftiger schulischer und beruflicher Werdegang in den Fokus genommen werden.

Das Projekt richtet sich an 250 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 9 des Gymnasiums Laurentianum in Warendorf und der Fritz-Winter-Gesamtschule in Ahlen. Sie erleben in einer eintägigen Potenzialanalyse und dem sich am Folgetag anschließenden Auswertungs- und Beratungsgespräch einen Prozess, in dem sie sich und ihre Interessen besser kennen lernen. Förderempfehlungen werden gemeinsam erarbeitet.

Mit den Talent-Analysen erfahren die Jugendlichen in den achten und neunten Klassen früh eine stützende Studien- und Berufswahlorientierung – mit diesen, von der Sparkasse Münsterland Ost geförderten zusätzlichen Angeboten, übernehmen der Kreis Warendorf und die Stadt Münster eine Vorreiterfunktion.

Vier Hochschulen – die Universitäten Münster, Paderborn, Jena und Erfurt begleiten das Projekt wissenschaftlich. Bis zum Schuljahr 2016 / 17 wird es in Münster und im Kreis Warendorf angeboten und ausgewertet.

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