Bernstein-Einschlüsse berichten aus subtropischem Nordeuropa

Münster-Wolbeck. Ameise frisst Ameise, Ameisenspinne tötet ihre Beute – wie dramatisch es vor vielen tausenden Jahren in einem subtropischen Nordeuropa zuging, das lässt sich seit Mittwoch im Westpreußischen Landesmuseum in Wolbeck aus der Nähe betrachten. Dafür hat Museumsleiter Dr. Lothar Hyss eigens etliche Quadratmeter seiner Dauerausstellung geräumt: Für in Bernstein eingeschlossene Insekten. Die Sammlung Otto Helm aus Danzig ist bundesweit und in Europa eine Rarität, zieht das Interesse vieler Wissenschaftler auf sich und ist zugleich ein Stück Heimat für viele Westpreußen. So waren etliche Vertreter der Kulturstiftung Westpreußen, darunter ihr Vorsitzender Hans-Jürgen Kämpfert, in den Rittersaal gekommen, auch münsterische Politiker und eine ganze Schar wissenschaftlich interessierter Bernstein-Kenner aus Hamburg, Dortmund und Köln. „Machen Sie etwas daraus, für Münster und den Nachwuchs“ – diese Aufforderung richtete Münsters Bürgermeisterin Karin Reißmann, dem WLM verbunden, auch an Lothar Hyss. Wie dramatisch der Weg der stark in Mitleidenschaft gezogenen Sammlung bis nach Münster war, schilderte der Direktor des Museums der Natur Gotha. Während im 2. Weltkrieg viele Sammlungen und auch das Bernsteinzimmer verloren gingen, verbrannten oder gestohlen wurden, gelangte die Sammlung Helm in ein Jagdschloss bei Gotha. In diesem Sitz einer Feuerwehrschule sollen die Schüler mit den Inklusen „geschnipst“ haben. Dann kam die DDR-Kriminalpolizei, am Bernsteinzimmer interessiert, und sorgte für den Umzug nach Gotha. Doch dort, so Samietz, war nicht der angemessene Ort. Um die „einzigartige und bemerkenswerte Sammlung“ zur Geltung zu bringen, wandte er sich an Hyss. Der und seine Mitarbeiter Jutta Fethke und Martin Steinkühler sowie der Hamburger Experte Dr. Wolfgang Weitschat kümmerten sich um die teils unsachgemäß aufbewahrten Stücke. Weitschat blutete nicht nur das Herz, sondern auch die Finger: 2400 Stücke waren zu sichten und viele zu polieren. Vieles ist trotzdem auf Dauer verloren. 500 Stücke seien sicher zu retten; weitere 200 vielleicht, sagte Weitschat. Am Rande wurde die Zukunft diskutiert: Man müsse sich über Aktionen etwa mit Schulen sehr stark der Jugend zuwenden. Das Westpreußische Landesmuseum bereitet für Ende 2008 ein Bernstein-Projekt vor. Eine kritische Größe des pädagogischen Wirkens bleibt, wann die Gebäude der ehemaligen Sparkasse und damit ein Seminarraum für die Gruppen-Arbeit bereit stehen.