„Wiedergutmachung als Auftrag“ – Neue Ausstellung in der Villa ten Hompel

Münster.- "Wiedergutmachung als Auftrag" ist die neue Dauerausstellung im Geschichtsort Villa ten Hompel überschrieben. Mit einem Festakt am 30. Oktober wird die Ausstellung im Beisein des nordrhein-westfälischen Ministers für Generationen, Familie, Frauen und Integration, Armin Laschet, und Bürgermeisterin Karin Reismann eröffnet. Zahlreiche Zeitzeugen werden in der Villa ten Hompel erwartet. Ab 1. November ist die erste Präsentation zum Thema Wiedergutmachung in Deutschland für Besucher geöffnet.

Weiterer Baustein / Erste Dauerausstellung bundesweit zum Thema Entschädigung / Innovative Präsentation

Nach der Dauerausstellung "Im Auftrag. Polizei, Verwaltung und Verantwortung" zeigt die Villa ten Hompel mit ihrer zweiten Dauerausstellung erstmals in der Bundesrepublik Deutschland die Geschichte der Entschädigung nationalsozialistischen Unrechts aus nationaler wie internationaler Perspektive. Auf neuestem Forschungsstand sind die historischen Ereignisse rekonstruiert worden, die Inhalte werden innovativ präsentiert und multimedial inszeniert. Die Stadt Münster, das Land NRW und der Bund haben die Ausstellung finanziert.

Neue Form der Präsentation

Ideengeber und Projektleiter sind Christoph Spieker und Prof. Dr. Alfons Kenkmann am Geschichtsort Villa ten Hompel. In einer zweijährigen Vorbereitungsphase erabeiteten die Historiker Julia Volmer-Naumann und Dr. Marc von Miquel unter Mitarbeit von Susanne Muhle die Konzeption der Ausstellung. Die Gestaltung übernahm Prof. Norbert Nowotsch von der Fachhochschule für Design in Münster mit seinem Team.

Eigens für die Ausstellung ist eine technisch neue Form der interaktiven Präsentation entwickelt worden. In einem multimedialen "Antragsweg" werden anhand zweier Beispiele, des jüdischen Viehhändlers Albert Hertz und der Witwe des gestorbenen KZ-Häftlings Otto Cortain, die einzelnen Stationen vorgestellt, die jeder Antrag auf Entschädigung im Rahmen eines standardisierten bürokratischen Verfahrens durchlief.

"Mit der neuen Dauerausstellung ‚Wiedergutmachung als Auftrag‘ ist das zentrale Thema der Villa ten Hompel ‚Verwaltung und demokratische Verantwortung‘ um einen wichtigen Baustein erweitert worden", erläutert Prof. Dr. Alfons Kenkmann. Die Geschichte von Tätern und Mitläufern in der NS-Zeit wird nun ergänzt um die Geschichte NS-Verfolgter und der Verwaltung nach 1945. Der regionalgeschichtliche Ansatz der Ausstellung ermöglicht, neue Erkenntnisse und eindrucksvolle Verfolgtenbiografien aus der Stadt Münster und Westfalen vorzustellen.

Dezernat für Wiedergutmachung

Von 1954 bis 1968 beherbergte die Villa ten Hompel am Kaiser-Wilhelm-Ring das Dezernat für Wiedergutmachung der Bezirksregierung Münster, das über die Entschädigungsanträge von ehemals nationalsozialistisch Verfolgten entschied. Damit wurde die Villa ten Hompel wieder zu einer Behörde – jetzt zuständig für die Verfolgten. In der Zeit des "Dritten Reiches" nutzte die Polizeiverwaltung das Gebäude. Deren Mitarbeiter waren an der Verfolgung von Juden, Sinti und Roma sowie politisch und religiös Verfolgten beteiligt.

"Die neue Dauerausstellung ‚Wiedergutmachung als Auftrag‘ greift diese Geschichte auf. Sie fragt nach den Antragstellern und bürokratischen Entscheidern, nach Verwaltungsvorgängen und Entschädigungsergebnissen", erläutert der Leiter des Geschichtsortes Christoph Spieker. Weitere Themen der Ausstellung sind die Rückerstattung von geraubtem Eigentum, internationale Entschädigungsabkommen, vor allem mit Israel, und offene Fragen der deutschen "Wiedergutmachungspolitik".

Im Vordergrund stehen die Erfahrungen der verschiedenen Gruppen von NS-Verfolgten mit der deutschen Gesellschaft nach dem Ende der Diktatur. Neben Formen der politischen Unterstützung waren diese Erfahrungen häufig auch geprägt von Schuldabwehr, Verleugnung des Unrechts und Kritik an den Kosten der Entschädigung. "Diese wichtige Thematik in eine ansprechende gestalterische Form zu bringen", so der Designer Prof. Norbert Nowotsch, "war eine spannende Aufgabe, die wir gelöst haben mit einer variantenreichen und vor allem subtilen Inszenierung im Zusammenspiel alter und neuer Medien."

Zur Ausstellung erscheint ein aktuelles Faltblatt mit Informationen zu den Dauerausstellungen und zur Villa ten Hompel. Der Geschichtsort ist mittwochs von 18 bis 22 Uhr, donnerstags und freitags von 12 bis 16 Uhr und sonntags von 12 bis 18 Uhr geöffnet.

Bildtext: Das jüdische Geschäft "Helene Davids & Co" war in Münster das führende Geschäft für Mieder und Korsette bis zum Zwangsverkauf 1938.

Bildtext: Erholungsheim der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, um 1947.

Bildtext: Diesen Zollstock fand im Sommer 1941 der damals siebenjährige Leihgeber im Bombenschutt des Hauses Rudolfstraße 20 in Münster. Die jüdischen Besitzer Max und Elfriede Meyer starben im Ghetto Theresienstadt und im KZ Auschwitz. Der Leihgeber versucht, Erben Max Meyers ausfindig zu machen, um das Objekt zurückzugeben.

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