Orgel geht bald in die Renovierungs-Pause

Münster-Wolbeck. Noch wird die Orgel einige Wochen im Gottesdienst eingesetzt, bevor zu einem nicht genau bekannten Termin die Renovierung beginnt und zuallererst die Pfeifen ausgebaut werden. Aber am Sonntagnachmittag des 11. Septemer 2005 spielte Thorsten Schwarte die Orgel  vorerst zum letzten Mal im Rahmen eines Konzerts.

Die kirchenmusikalische Andacht erschloss diesmal den geistlichen Tagesablauf, wie er seit dem 13. Jahrhundert in Liedern Niederschlag gefunden hat. Frühere Konzerte der Reihe „Geistliches Wunderhorn“ galten Abschnitten des geistlichen Jahreskalenders, dem Jahreskreis. In den Klöstern war es üblich, „alle drei Stunden innezuhalten und sich auf den lebendigen Gott auszurichten“, erläuterte Pfarrer Dr. Siegfried Kleymann.

Innenraum von St. Nikolaus in Münster-WolbeckNicht nur deutsche Kirchenlieder, wie es in der Ankündigung heißt, erschloss diese Andacht, sondern auch englische Werke. So spielt Schwarte zu Beginn das Osterlob „Victimae paschali laudes“ von Andrew More. Auch den Schluss bildete ein englisches Werk, eines mit besonderer Geschichte. 1897 sollten Werke wie John F. Ellertons „The day Thou gavest, Lord, is ended“ zum Kronjubiläum von Königin Victoria im ganzen Empire gespielt werden. Seit 1958 bildet es das Schlusslied beim Weltgebetstag der Frauen und zeigt Verbundenheit über den ganzen Erdkreis hinweg, während das Empire zerfallen ist. Ganz, wie es der Text vorhersagt: „So sei es, Herr: die Reiche fallen, dein Thron allein wird nicht zerstört“.

Auch barocke Lyrik erklang und forderte das Verständnis auch des mit Kirchenliedern und ihrer Allegorik vertrauten Lesers – der Text des „Morgenglanz der Ewigkeit“ von Christian Knorr von Rosenroth“ klingt heute teilweise so fremd, das er in das Gesangbuch „Gotteslob“ keinen Eingang fand. Da heißt es: „Die bewölkte Finsternis | Müsse deinem Glanz entfliegen | Die durch Adams Apfelbiß | Uns, die kleine Welt, bestiegen“. Umso vertrauter war jedoch die Melodie, die die Besucher kräftig mitsangen.

Wie wandlungsfähig ein Kirchenlied sein kann, zeigte Kleymann am Beispiel von „Nun bitten wir den Heiligen Geist“. Es entstand um 1350 als Sterbelied, Luther  erweiterte es um Meditationen darüber, was der rechte Geist sei, und im katholischen Gebrauch wurde es mit neuen Strophen zum Pflngstlied erweitert, das die Kraft des Heiligen Geistes preist.

Zu Ellertons Werk spielte Schwarte eine dessen Motivik weitertreibende Improvisation. Schwarte baute einen Teil der Melodie von „Der Mond ist aufgegangen“ ein und setzte so den Schlusspunkt unter den Tagesablauf.

Dank vieler Konzerte der Renovatio-Reihe, deren Interpreten ihre Gage stifteten, und vieler Einzelspenden war im Juni das nötige Geld für die Renovierung zusammengekommen.