Michael Tumbrinck gibt den Alltags-Philosophen

Michael Tumbrinck gibt den Alltags-Philosophen
Michael Tumbrinck bietet Kabarett im Kulturbahnhof Hiltrup. Foto: A. Hasenkamp, Fotograf in Münster.

Zuletzt aktualisiert 21. März 2016 (zuerst 18. März 2016).

Münster-Hiltrup. Spaß und Spannung, dazu etwas Sorge, ob’s einen selbst trifft – das bot am Freitagabend Michael Tumbrinck den Gästen im Kulturbahnhof Hiltrup. Der Kabarettist performte sein Solo-Programm „Schutt happens“.
Als Briefträger ist er ein Philosoph des Alltags mit Hang zum Praktisch-Anarchischen – das Briefgeheimnis muss aussetzen, wenn ein Brief nur so adressiert ist: „An die süße Muckermutzi aus der 23!“ Zum Service gehört, gar zu belastende Stellen im „elenden Geseier“ zu schwärzen. „Ich finde  man muss dem anderen nach 14 Seiten Vorwürfen nicht vorschlagen, dass man es noch  mal miteinander versuchen will.“ Eine gute Reiterin muss wissen, „wann das Pferd in die Lasagne gehört“, so die Lebensweisheit des engagierten Briefträgers. Dass der wohl leicht desorientierte Absender aus dem Brief-Inhalt nicht hervorgeht, ist Pech, aber Absicht. Der Absender, der hat bald darauf seinen Auftritt. Tumbrinck spinnt den Faden weiter, bietet Episoden einer Geschichte, und das raffiniert, mal deftig, aber nicht platt, und serviert den Faden mit Spannung. Nur beim Ausflug ins Biblische passt sein Faden nicht durch das Nadelöhr, da gibt es kurz den Holzhammer. Was für ein Kontrast zu seiner feinsinnigen Reflektion über die juristischen Interpretations-Möglichkeiten der Weltkriegs-Fliegerbombe im Keller seines Mehrparteien-Wohnhauses. Dessen Bewohner nimmt er gekonnt auf Schippe und Korn. Kurz darauf schlüpft er in die Rolle eines Obdachlosen, der angesichts der Flüchtlinge feststellt: „Global gesehen“ gehöre er zur „Mittelschicht gehöre zwischen den wenigen, die Champagner trinken, und den vielen, die im Mittelmeer ertrinken“. Ein ungeschönt-radikaler, dabei schlicht klarer Blick – Kabarett vom Feinsten. Und Tumbrinck mutet dem Publikum auch mal etwas zu – könnte man da selbst gerade im Fadenkreuz stehen? Komik ja, Klamauk eher nicht – lieber innig, aber bissig mit dem Publikum. Etwa 40 waren gekommen.