Lebensnahe Figuren weckten Sammelwunsch

Zuletzt aktualisiert 5. Dezember 2015 (zuerst 20. Dezember 2008).

Lebensnahe Figuren weckten Sammelwunsch 1Münster-Wolbeck. Krippen aufbauen hat ihn ein ganzes Leben begleitet. Als „Handlanger“ fing Alfons Gernholt an, inzwischen sammelt er ganz besondere Krippenfiguren, die im Münsterland ihresgleichen suchen. „Sehr früh“, schon als kleiner Junge, half Gernholt mit, wenn im großen Speisesaal des Kurhauses Lackmann an der Hofstraße zur Weihnachtszeit die Krippe aufzubauen war. Dort waren seine Eltern angestellt. Er „musste“, sagt Gernholt, aber es war wohl Interesse dabei, denn er führte es fort und baute die Krippe in späteren Jahren selbst auf.

Mit Pferd und Wagen ging es mit einem Knecht zum Fronhof, wo Förster Ewald Geismann bis zu sechs über vier Meter lange Fichtenspitzen aus dem Bestand von Gutsbesitzer Bischof bereithielt. Als Jugendlicher half er dann Gertrud Böckmann, wenn sie in der Kirche St. Nikolaus die Wandelkrippe aufbaute. Auch wenn es eher unterstützende Arbeiten waren, etwa das Herbeitragen der Kisten mit den Figuren. Aus den Klatenbergen beschaffte Gernholt Moos und große Wacholdersträucher. Die standen damals noch nicht unter Naturschutz.

Später gab Böckmann ihm und seiner Frau Karin Tipps, als sie sich eine eigene Krippe aufbauten. Die Gernholts fingen dabei klein an und kauften nur, „was wir uns leisten konnten“. Böckmann stiftete auch ein paar schöne Stoffe. Die verarbeitete Karin Gernholt dann selbst und bekleidete die Figuren. Heute hat das Ehepaar diese Krippe an ihre Tochter weitergereicht.
Aber das Ehepaar entdeckte vor sechs Jahren eine neue Leidenschaft für eine andere Krippe. Im Urlaub in Südtirol stießen sie auf die Figuren der Künstlerin Angela Trippi aus Palermo. Einzelanfertigungen sind es, alle so individuell in Gesichtsausdruck und Bekleidung, dass der Sammler einige Liebesmüh mit der passenden Auswahl hat. Der Reichtum an Details spiegelt häufig auch die Mühen und Leiden der Menschen im Mittelmeerraum.

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Trippi formt sie aus Terrakotta-Ton. Gernholt konnte zusschauen können, wie sie jede Locke, jede Hand besonders formte. Gebrannt werden sie bei 940 Grad. Jede Krippenfigur bemalt Trippi selbst und kleidet sie mit selbst entworfenen Gewändern. Mit Klebstoff getränkt werden sie den Figuren übergezogen und geformt. Ihre Inspirationen bezieht Trippi dabei aus dem Leben der einfachen Leute, da kann auch mal ein grobes bäuerliches Gesicht dabei sein, modernere Kleidung, ein römischer Legionär, ein Teppich-Händler.
Entdeckt haben die Gernholts die Figuren nicht in Neapel, sondern in Luttach im Ahrntal im Museum „Maranatha“. Gernholt schwärmt von den üppig dimensionierten, detailgenauen Krippenlandschaften, die der Holzschnitzer Paul Gartner in dem Museum aufgebaut hat. Das sei einen Besuch wert, empfiehlt er. Auch die Gernholtsche Krippen-Kulisse, die wohl die Ruinen einer Villa darstellt, stammt von Gartner.
Trippis Figuren kommen fertig bekleidet. Dass die Stoffarbeiten damit mehr anfallen, stört Karin Gernholt nicht.
Eine Ausstellung sei die private Krippe zwar nicht: Aber „wenn jemand die Krippe sehen möchte, wir zeigen sie gerne“, ist sich das Ehepaar einig. Die Krippe steht von November bis März. Sie verändert sich von Jahr. Da sieht er, dort sieht sie mal Anlass für eine Umstellung, vom prächtigen Kamel mit König bis zum verdorrten Baum. Und gern erinnerte Gernholt sich, dass der frühere Organist von St. Nikolaus, Winfried Papst, selbst Krippenkenner wie auch seine Frau Paula, bei einem Besuch sagte: „Sowas habe ich noch nicht gesehen.“ Die Krippe sei, sagt Gernholt, etwas „ganz Außergewöhnliches, wie man sie im Münsterland in Kirchen nicht sieht“.
Eine Gernholt’sche Tradition setzt sich vielleicht fort: Der dreijährige Enkel zeigt seit diesem Jahr schon nachhaltiges Interesse, gemeinsam mit seinem Großvater die Trippi-Krippe aufzubauen. Zu Weihnachten steht allerdings der Besuch der Tochter an und dann versammelt man sich um die ältere Krippe.

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{xtypo_info} Zum Thema Krippen im Münsterland
Museum Heimathaus Münsterland und Krippenmuseum, Herrenstraße 1-2, 48291 Telgte
Öffnungszeiten: täglich (außer montags), 16.11.2008 täglich von 10 bis 18 Uhr, am 25. Dez. und Neujahr von 14 bis 18 Uhr, geschlossen am 24., und 31. Dezember 2008; www.museum-telgte.de.
Mit Vorschlägen für Krippen-Touren: Gertrud Mayr: Weihnachtskrippen in Münster – Geschichte und Brauchtum der Krippen in Münster. Mit Fotos von Sabine Ahlbrand-Dornseif. 144 Seiten, Dialogverlag Münster, 14,80 Euro. „Tolle Sachen“ finde man in vielen Klosterkirchen, so Gernholt, und wer genau hinguckt, sieht, dass Mönche sich auch manchen Schabernack oder derben Scherz erlauben.{/xtypo_info}