Eröffnung des Technischen Zentrums in Münster

Das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen hat am 3. Februar 2006 in Münster-Coerde das Technische Zentrum und eine Außenstelle des Staatsarchivs Münster eröffnet.

Dem Landesarchiv NRW gehören neben den vier bis 2003 selbständigen staatlichen Archiven in NRW – dem Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, dem Staatsarchiv Münster, dem Staats- und Personenstandsarchiv Detmold und dem Personenstandsarchiv Brühl – neue zentrale Abteilungen an. Die Abteilung für Verwaltung und Zentrale Dienste sowie die Abteilung für Grundsatzarbeit und Öffentlichkeitsarbeit sitzen in Düsseldorf, während das Technische Zentrum als dritte neue Säule des Landesarchivs NRW seinen Sitz in Münster-Coerde hat.

Das Technische Zentrum leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des kulturellen Erbes des Landes und zum Betrieb des Landesarchivs NRW, indem es mit derzeit 35 Mitarbeitern zwei wesentliche Aufgabenfelder wahrnimmt: die Bestandserhaltung von Archivgut und die zentrale IT.

Als Zentrum für Bestandserhaltung – sicherlich eines der modernsten in Deutschland – umfasst es einerseits eine zentrale
Restaurierungswerkstatt: hier arbeiten die Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter daran, Schäden an Papieren, Pergamenten und Siegeln zu restaurieren bzw. das Archivgut zu konservieren. Typische Schadensbilder, die bearbeitet werden, sind z.B. von Mäusen angenagte oder von Schimmel befallene Akten, brüchige Siegel oder Einbände u.v.m. Um die Mengen des zu behandelnden Archivgutes zu bewältigen, werden modernste Verfahren, Prozesse und Maschinen eingesetzt. Ein beispielhaftes Highlight ist die sog. Langsiebanfaserungsmaschine, von der es weltweit nur 9 Exemplare gibt und die dazu dient, weitgehend automatisiert Fehlstellen (Löcher, Abrisse) in Papier aufzufüllen. Bestimmte Aufgaben, insbes. die Massenentsäuerung von säurehaltigem Archivgut, wird im Sinne einer Private-Public-Partnership mit externen Dienstleistern durchgeführt.

Bestandserhaltung 

Doch Bestandserhaltung umfasst mehr als Restaurierung bzw. Konservierung: Archivgut, das für die Benutzung in Originalform ungeeignet ist, wird im Technischen Zentrum digitalisiert. So können hier z.B. Urkunden und Pläne bis zu einer Größe von maximal DIN A0 gescannt und elektronisch zur Nutzung angeboten werden – was nicht nur die Originale schützt, sondern auch für den Benutzer eine wesentliche Erleichterung in der Handhabung darstellt. Darüber
hinaus ist das Technische Zentrum zuständig für die Sicherungsverfilmung von Archivgut. Im Auftrag des Bundesamtes
für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe wird wichtiges Kulturgut auf Mikrofilme verfilmt, die dann zentral in einem gesicherten Stollen nahe Freiburg eingelagert werden. Damit stünden, falls die Originale einmal zerstört werden sollten, wenigstens noch fotografische Reproduktionen zur Verfügung.

Elektronische Unterlagen.

Zukünftig werden in den Archiven jedoch nicht nur weiterhin Papierakten anfallen, sondern auch originär elektronische Unterlagen. Die technische Langzeitarchivierung des elektronischen Archivgutes, also der Scans und der elektronischen Unterlagen, ist somit eine weitere Kernaufgabe des Technischen Zentrums. Hierzu entwickelt das Technische Zentrum in Kooperation mit Partnern Konzepte und Lösungen.

Ebenso werden hier archivfachliche Spezialanwendungen – z.B. das "Verwaltungs-, Erschließungs- und Recherchesystem für Archive" V.E.R.A. und das Internet-Archivportal "www.archive.nrw.de" – von der Entwicklung bis zum Betrieb betreut. Schließlich gehört auch das Management der IT-Kommunikation an den verteilten Standorten des Landesarchivs NRW zu den Aufgaben des Technischen Zentrums.

Das Technische Zentrum teilt sich das neue Gebäude an den Speichern 11 mit dem Staatsarchiv Münster, das von den insgesamt sieben Etagen drei belegt: Ein ganzes Dezernat wandert mit Personal und Akten vom Haupthaus am Bohlweg nach Coerde und bezieht dort Büro- und Magazinräume. Es handelt sich um das Dezernat 4, das für die Justiz- und Finanzbehörden in den Regierungsbezirken Arnsberg und Münster zuständig ist und die Überlieferung des 19., 20. und 21. Jahrhunderts – von den preußischen zu den Behörden des Landes NRW – betreut. Die insgesamt fünf in Coerde ansässigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Staatsarchivs wählen das in den 177 Behörden und Gerichten liegende, für die Nachwelt aufbewahrungswürdige Schriftgut aus – dabei sondern sie durchschnittlich 99% aus und erklären nur etwa 1% der Unterlagen für archivwürdig -, bringen es ins Archiv und machen es dort zugänglich, so dass die Akten dann am Bohlweg von jedem Interessierten eingesehen werden können. Der Transport der Akten zwischen Coerde und dem Bohlweg ist durch einen regelmäßigen Fahrdienst garantiert, der die Benutzung im Lesesaal am Bohlweg 2 täglich zwischen 8.30 und 16 Uhr, donnerstags bis 18 Uhr, ermöglicht.

Auf dem Weg von der Behörde zum Kunden fallen zahlreiche konservatorische Maßnahmen an wie das Entmetallisieren der Akten, ihre eindeutige Signierung, Umbettung und Lagerung in säurefreien Kartons; zu den Arbeiten im Archiv gehören auch das Erfassen der Akten in einer Datenbank mit kurzer Inhaltsangabe, der Laufzeit und der eindeutigen Signatur, so dass die Unterlagen recherchierbar und damit erst benutzbar werden. Auf den 1.200 m² Magazinfläche ist Platz für 7,5 km Archivgut in Rollregalen, von denen jetzt ca. 4,4 km belegt werden. Die neue Außenstelle an den Speichern in Coerde löst somit ein Platzproblem im Hauptgebäude am Bohlweg.

Die ursprünglich für die Lagerung von Korn geschaffenen Gebäude erfüllen in idealer Weise die klimatischen Anforderungen, die bei der Lagerung von Archivgut gestellt werden und lassen sich optimal für den Werkstattbetrieb nutzen.

Dr. Wolfgang Kahnert, Leiter des Technischen Zentrums
Dr. Mechthild Black-Veldtrup, Leiterin des Staatsarchivs Münster

INFO

Kontakt:
Dr. Mechthild Black-Veldtrup
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Staatsarchiv Münster
Bohlweg 2
48147 Münster
Tel.: 0251-4885-136
E-Mail: mechthild.black-veldtrup@lav.nrw.de
URL: www.archive.nrw.de